Nach der Festnahme ihres Chefredakteurs und zahlreicher weiterer Mitarbeiter gibt sich die Redaktion der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet" kämpferisch. Das Blatt erschien am Tag nach den Festnahmen mit der Schlagzeile: "Wir geben nicht auf".
Neben dem roten Schriftzug "Cumhuriyet" stand in der Ausgabe vom Dienstag in Versalien und schwarz unterlegt: "Noch ein Schlag gegen die freie Presse". Das türkische Wort für "Schlag" (darbe) kann auch als "Putsch" übersetzt werden.
Die Behörden hatten am Montag nach Angaben der Zeitung 13 Mitarbeiter des Blattes festgenommen, darunter Chefredakteur Murat Sabuncu. Die Staatsanwaltschaft wirft der Zeitung vor, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen unterstützt zu haben.
Die Regierung beschuldigt Gülen, für den Putschversuch gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Mitte Juli verantwortlich zu sein. In der Türkei ist Gülens Bewegung - wie auch die PKK - als Terrororganisation eingestuft.
Die "Cumhuriyet"-Redaktion wies die Vorwürfe entschieden zurück und kritisierte die Festnahmen als "inakzeptabel und rechtswidrig". Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nannte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft "grotesk". Dass nun eine der letzten Oppositionszeitungen des Landes zum Ziel werde, zeige, wie weit die Maßnahmen der Regierung und von Präsident Recep Tayyip Erdogan inzwischen gingen.
HRW kritisierte außerdem die Schließung von 15 meist kurdischen Medien per Notstandsdekret und die Verhaftung der Bürgermeister der Kurdenmetropole Diyarbakir am Wochenende. "Cumhuriyet" war erst im September mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden.
Die Right Livelihood Award Stiftung hatte mitgeteilt, die Zeitung erhalte den Preis "für ihren unerschrockenen investigativen Journalismus und ihr bedingungsloses Bekenntnis zur Meinungsfreiheit trotz Unterdrückung, Zensur, Gefängnis und Morddrohungen". Die Stiftung kritisierte die Festnahmen am Montag als Beleg dafür, "dass das Regime nicht zögert, kritische, abweichende Stimmen zu unterdrücken".
dpa/mh/km - Bild: Ozan Kose/AFP