Das Sterben in Aleppo geht weiter. Die Lage der Menschen wird immer verzweifelter. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef erklärte am späten Freitagabend, in Aleppo seien fast zwei Millionen Menschen ohne fließendes Wasser. Es sei entscheidend für das Überleben der Kinder, dass alle Konfliktparteien ihre Angriffe auf die Wasserversorgung einstellten, schrieb Unicef.
Bei den Angriffen in der Provinz Aleppo wurden nach Angaben ziviler Helfer, der Weißhelme, mindestens 93 Menschen getötet. Der schwere Beschuss der Rebellengebiete dauerte den zweiten Tag in Folge an. Ein Aktivist in Aleppo beschrieb die Situation als verheerend. Die ganze Stadt bebe als Folge der Einschläge. Die Armee des syrischen Regimes habe Brandbomben und die international geächtete Streumunition eingesetzt.
Wege versperrt: Menschen können nicht fliehen
Anwohner und ein Sprecher der Weißhelme sagten der Deutschen Presse-Agentur, alle Wege aus dem belagerten Ostteil der Stadt seien versperrt. Die Menschen könnten nicht fliehen, sie müssten in ihren Wohnungen ausharren. In den Rebellengebieten Aleppos sollen sich noch mehr als 250.000 Menschen aufhalten.
Schwere Luftangriffe auf die umkämpfte Stadt und ein ergebnisloser Dialog zwischen den USA und Russland verringerten überdies die Chancen auf eine Waffenruhe in Syrien. Mit mehr als 70 Bombardements bereiteten die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad am Freitag eine Bodenoffensive auf Rebellengebiete im Ostteil der Stadt vor, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Ein kurzes Gespräch zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in New York blieb unterdessen ohne konkrete Ergebnisse oder Vorschläge. Der von Kerry geforderte Vorschlag eines vorübergehenden Flugstopps schien am Freitag vorerst vom Tisch.
Es habe eine "konstruktive Diskussion" gegeben, sagte zwar ein ranghoher US-Regierungsbeamter der Deutschen Presse-Agentur nach dem Gespräch am Rande eines Treffens des Nahost-Quartetts. "Es war aber kein formelles Treffen und wir haben keine Vorschläge herausgelesen." Lawrow sagte in seiner Rede bei der UN-Generaldebatte: "Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Lektionen lernen und ein Abrutschen zur Katastrophe in Syrien verhindern." Die USA forderte er auf, die Terrorgruppe Fatah-al-Scham-Front (früher: Al-Nusra) von gemäßigten Rebellen zu trennen, andernfalls sei eine Waffenruhe sinnlos.
Syrien zur Einhaltung der Waffenruhe bereit
Die syrische Regierung erklärte unterdessen nach Darstellung des russischen Außenministeriums, sie sei zur Einhaltung der Waffenruhe in dem Land bereit. Der syrische Außenminister Walid al-Muallem habe dies Lawrow in New York am Freitag am Rande der UN-Generaldebatte erklärt, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass das Außenministerium in Moskau. Demnach akzeptiere die Führung in Damaskus die russische-amerikanische Übereinkunft über die Waffenruhe und sei bereit, diese zu beachten.
Russland gilt zusammen mit dem Iran als wichtigste Schutzmacht Assads. Lawrow warf den USA vor, radikale Kräfte nicht von den gemäßigten syrischen Rebellen trennen zu wollen. Zudem forderte er erneut eine "unparteiische und unvoreingenommene" Untersuchung des Angriffs auf einen UN-Hilfskonvoi mit mindestens 21 Toten. Auch ein US-Luftangriff einige Tage zuvor, bei dem Dutzende syrische Soldaten getötet worden waren, müsse auf diese Art und Weise untersucht werden. Die USA machen Russland für den Angriff auf den Hilfskonvoi verantwortlich, Russland hatte das zunächst zurückgewiesen.
dpa/sh - Bild: Thaer Mohammed/AFP