Im Streit um die Pro-Erdogan-Demonstration in Köln bestellt das türkische Außenministerium den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara ein. Das bestätigten die deutsche Botschaft in Ankara und die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Botschafter Martin Erdmann ist im Urlaub außer Landes, daher nimmt der Gesandte - sein Stellvertreter - den laut Anadolu für 14:00 Uhr (Ortszeit/13:00 MESZ) geplanten Termin wahr.
Die türkische Regierung hatte scharfe Kritik daran geäußert, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sich am Sonntag nicht per Videoleinwand an die Demonstranten in Köln wenden durfte. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin hatte das Verbot durch das Bundesverfassungsgericht inakzeptabel genannt und eine "befriedigende Erklärung" Deutschlands verlangt.
Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten am Sonntag Zehntausende in Köln friedlich ihre Unterstützung für Erdogan demonstriert. Zugleich feierten sie die Niederschlagung des Umsturzversuchs. Eigentlich hatten die Veranstalter der Kundgebung in Köln geplant, Erdogan auf einer Großleinwand live zuzuschalten - dies war angesichts der aufgeheizten Stimmung aber verboten worden.
Nach Angaben der Polizei nahmen 30.000 bis 40.000 Menschen an der Kundgebung teil. Es gab mehrere Gegendemonstrationen. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es aber nicht. Die Polizei zog am Abend eine positive Bilanz. Im Einsatz waren 2.700 Beamte, auch Wasserwerfer standen bereit.
Der Kundgebungsplatz glich einem roten Meer aus türkischen Flaggen. Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmer der Opfer des Putschversuches in der Türkei sowie der Opfer der jüngsten Terroranschläge in Frankreich, Deutschland und der Türkei. Gegen Ende der Veranstaltung wurde eine Botschaft Erdogans verlesen. In dieser lobte er, dass sich die türkische Bevölkerung den Putschisten mutig entgegengestellt habe. Er dankte auch den türkischen Bürgern, die in Deutschland auf die Straße gegangen seien. "Heute ist die Türkei stärker, als sie je vor dem 15. Juli gewesen ist", hieß es.
Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich. In der Türkei läuft seither eine von der Regierung so genannte Säuberungswelle gegen mutmaßliche Unterstützer Gülens im Militär, in der Polizei, den Medien, der Justiz und im Bildungswesen. Knapp 18.700 Menschen wurden festgenommen, gegen 10.137 ergingen nach Angaben Erdogans Haftbefehle. Die harten Maßnahmen wurden besonders aus der EU kritisiert.
dpa/rkr/mg - Bild: Oliver Berg/AFP