Nach dem Putschversuch in der Türkei sind Angaben der Regierung zufolge mehr als 13.000 Staatsbedienstete suspendiert worden. Darunter seien 2.745 Justizbeamte sowie fünf Mitglieder des Hohen Rates der Richter und Staatsanwaltschaft (HSYK), sagte Ministerpräsident Binali Yildirim am Montag in Ankara. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu fällt der größte Teil der Suspendierungen in den Bereich der Polizei: 7.899 Polizisten seien betroffen, meldete Anadolu.
Nicht in der Zahl der Suspendierungen enthalten sind die 6.038 Soldaten, die nach Angaben von Yildirim bislang festgenommen wurden. Insgesamt kam es nach seinen Angaben zu 7.543 Festnahmen seit dem Putschversuch vom Freitagabend. Festgenommen wurden demnach neben den 6.038 Soldaten, 100 Polizisten, 755 Richter und Staatsanwälte sowie 650 weitere Zivilisten.
Regierung zieht Polizeikräfte in Istanbul zusammen
Nach dem gescheiterten Putsch von Teilen des Militärs hat die türkische Regierung 1.800 zusätzliche Spezialkräfte der Polizei in Istanbul zusammengezogen. Diese Kräfte mit gepanzerten Fahrzeugen würden an strategisch wichtigen Einrichtungen und Straßen der größten Stadt des Landes eingesetzt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag. Der Polizeichef Istanbuls, Mustafa Caliskan, habe zudem den Befehl gegeben, unbekannte Hubschrauber ohne Vorwarnung abzuschießen.
Wie es aus Regierungskreisen hieß, patrouillierten in der Nacht zu Montag im gesamten Luftraum der Türkei F16-Kampfflugzeuge. Putschisten hatten bei ihrem Umsturzversuch in der Nacht zum Samstag Kampfjets sowie Hubschrauber gekapert und unter anderem das Parlament in Ankara bombardiert. Der Putsch kostete fast 300 Menschen das Leben.
In der Nacht zum Montag folgten erneut zahlreiche Türken den wiederholten Aufforderungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan, sich auf den Straßen und Plätzen zu versammeln, um diese nicht möglichen weiteren Putschisten zu überlassen. Erdogan hatte zuletzt am Sonntagabend auf Twitter geschrieben: "Aufhören gilt nicht, Weggehen gilt nicht. Wir lassen die Plätze nicht leer."
Verteidigungsminister Fikri Isik forderte die Menschen nach Angaben des türkischen Senders NTV auf, "jede Äußerung unseres Präsidenten aufmerksam zu verfolgen und solange draußen zu bleiben, bis er sagt: Es reicht, ihr könnt wieder nach Hause gehen." Vor Anhängern Erdogans, die sich vor dem Wohnsitz des Präsidenten in Istanbul versammelt hatten, fügte Isik hinzu: "Der Putsch wurde verhindert, doch wir können nicht sagen, dass die Gefahr vorbei ist."
Demonstrationen gegen den Putschversuch
Bei Demonstrationen gegen den Putschversuch kam es Medienberichten zufolge zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Regierungspartei AKP und Minderheiten. In der zentralanatolischen Stadt Konya hätten AKP-Anhänger versucht, ein überwiegend von christlichen Aramäern bewohntes Viertel zu stürmen, berichtete die Zeitung "Cumhuriyet". Polizisten hätten das verhindert, bei Zusammenstößen seien aber fünf Aramäer verletzt worden.
Die Nachrichtenagentur DHA meldete, auch in der osttürkischen Stadt Malatya sei es zu Spannungen gekommen. In einem alevitisch geprägten Viertel hätten AKP-Anhänger gerufen: "Die AKP-ler sind hier, wo sind die Aleviten?" Sicherheitskräfte hätten Warnschüsse abgeben müssen, um Zusammenstöße zu vermeiden.
dpa/rkr/sh/sr - Bild: Yasin Akgul/AFP