Der mutmaßliche Mörder der britischen Abgeordneten Jo Cox (41) hat vor Gericht mit bizarren Aussagen für Aufsehen gesorgt. Als der 52-jährige Thomas M. nach seinem Namen gefragt wurde, antworte er mit den Worten: "Tod den Verrätern, Freiheit für Großbritannien". Die Richterin deutete darauf am Samstag an, dass es sich um einen geistig Verwirrten handeln könnte. Die Ermordete Labour-Politikerin hatte sich für Flüchtlinge und gegen einen Austritt Großbritanniens aus der EU eingesetzt.
Fünf Tage vor dem historischen Brexit-Referendum verschärfte der Internationale Währungsfonds IWF seine Warnungen vor einem Austritt. In einem flammenden Appell betonte IWF-Chefin Christine Lagarde die Vorteile des Verbleibs in der Gemeinschaft. Auch die Londoner Zeitung "The Times" plädierte in ihrer Samstagsausgabe für "Drinbleiben". IWF verschärft Warnungen vor Brexit
Brexit-Befürworter und das Pro-EU-Lager setzten ihren Wahlkampf auch am Samstag weitgehend aus. Am Donnerstag stimmen die Briten ab, ob sie in der EU bleiben oder austreten wollen. Einige Umfragen vor dem Attentat am Donnerstag sahen das Brexit-Lager vorn - unklar war zunächst, ob das Verbrechen die Stimmung beeinflussen könnte. Am Montag tritt das britische Unterhaus zu einer Sondersitzung zusammen, um die Tote zu ehren.
Der Tatverdächtige Thomas M. trug bei seinem ersten Erscheinen vor Gericht Jogginghose, Pullover sowie Handschellen. Er weigerte sich, seinen wirklichen Namen sowie seine Adresse und sein Geburtsdatum zu nennen. Nach der eigenartige Aussage des wegen Mordes Angeklagten meinte die Richterin Emma Arbuthnot, "er sollte von einem Psychiater gesehen werden".
Tatverdächtiger mit psychischen Problemen?
Die britische Polizei geht nach eigenen Angaben Berichten nach, wonach der Tatverdächtige psychische Probleme gehabt habe. Man untersuche auch mögliche Verbindungen des Angeklagten zu rechtsextremen Gruppen. Medienberichten zufolge hatte Thomas M. früher Kontakte zu einer US-Naziorganisation und zu Rassisten in Südafrika.
Nach dem Attentat wird immer wieder eine Mäßigung des politischen Umgangstons gefordert. "Wenn man zuviel Gift in unsere Politik injiziert, wird jemand krank", kommentierte der "Guardian" auf der Titelseite. Politiker seien regelrecht dämonisiert worden, auch die Medien hätten dabei Mitschuld, hieß es. Zuvor hatten bereits Premierminister David Cameron und Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn dafür plädiert, Hass und Intoleranz in der Politik zu überwinden.
Die 41-jährige Cox war am Donnerstag mit Schüssen und Messerstichen schwer verletzt worden und starb kurz darauf. Das politische Leben in Großbritannien war am Tag nach der Bluttat wie gelähmt.
Von Peer Meinert, dpa - Bild: Daniel Leal Olivas/AFP