War das ein Halbfinale! Man wartet ja förmlich auf Erlösung, wenn die Nationen genannt werden, die weiterkommen. Und von eins bis neun war Belgien nicht dabei. Hallo - geht's noch? Hab ich mich mit meinem Versprechen an die Landsleute, dass der belgische Beitrag sicher weiterkommt, doch zu weit aus dem Fenster gelehnt?
Dann die Erlösung: Als letztes von zehn Finalteilnehmern kam dann doch Belgien. Nicht nur ich habe gezittert, ob es nicht doch vielleicht noch Finnland oder Dänemark wird, auch meine Freunde vom OGAE e.V., dem größten ESC-Fanclub, haben mit uns gefiebert, weil sie von Loïcs Beitrag überzeugt sind.
Die Schuhfrage ist nicht nur eine Sache der Teilnehmerinnen, auch die Jungs haben Sinn fürs Schuhwerk. Die Serbin Bojana Stamenov trägt unter ihrem silbernen Zelt flache Riesenturnschuhe. Ist klar, Bojana auf Highheels, das würde auch nicht gutgehen. Ich weiß, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, aber schließlich trage ich ja auch keine Highheels, weil Turnschuhe einfach bequemer sind.
Das Lied des israelischen Sängers Nadav Guedj heißt "Golden Boy". Und so trägt er auf der Bühne goldfarbene Schuhe mit Hermes-Flügeln. Goldene Schuhe - hatten wir das nicht schon mal? Ja - 1984 sangen die drei Herreys "Diggi-lo, Diggi-ley - alla titta pomeig" und siegten mit goldenen Schuhen in Luxemburg.
Als ich zum ersten Mal Marta Jandova aus Tschechien bei der Probe gesehen habe, dachte ich, der sind die Schuhe zu klein, weil sie die in der Mitte des Songs ausgezogen und über die Bühne geworfen hat. Ich meine, zu kleine Schuhe können ja auch echt schmerzen und ich konnte Marta sehr gut verstehen. In der heutigen Probe zum zweiten Semifinale macht sie das wieder und jetzt weiß ich: der Schuhweitwurf ist Martas Markenzeichen in ihrer Heimat und gehört zu ihren Auftritten einfach dazu. Auch wenn es in Europa niemand verstehen wird. Ich hoffe nur, dass die Kameraleute des ORF rechtzeitig in Deckung gehen.
Apropos Markenzeichen: Die slowenische Delegation läuft die ganze Zeit mit Kopfhörern durch die Gegend. Das Ehepaar Maraaya sagt dazu, dass Sängerin Maretja immer großes Lampenfieber auf der Bühne hatte und sich an die intime Situation im Studio erinnerte. Seitdem gehören die Kopfhörer zur Bühnenperformance dazu und als Zeichen der Solidarität hat halt die komplette Delegation die Kopfhörer auf. Ach - jetzt wird mir auch klar, warum mich in den letzten Tagen so viele Leute für eine Slowenin gehalten haben - ich sollte die Kopfhörer absetzen.
Am Transportationsdesk im Pressecenter erwische ich die Mädels dabei, wie sie sich nacheinander den Song "Rhythm Inside" bei Youtube herunterladen, gegenseitig aufs Handy schicken und fleißig üben: "... we gonna rrrrrapppabab tonight ..." Der belgische Beitrag ist überall präsent. Wie schön!
Fotos: Sigi Doppler, EBU