Ein weiteres Kapitel zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg wird ab Freitag in Antwerpen geschrieben. Unweit des Rathauses hat die Armee eine knapp 400 Meter lange Schwimmbrücke an der Schelde installiert - genau wie vor 100 Jahren. Damals wurden dank der mobilen Brücke Militärgüter aus der Stadt geschafft. Außerdem konnten Zehntausende Menschen vor den Deutschen flüchten. König Philippe und Königin Mathilde durften die Schelde am frühen Nachmittag als erste überqueren, am Wochenende folgen unzählige Bürger und Touristen.
Antwerpen erinnert sich: Aus dem Nachbau der einstigen Kriegsbrücke soll 100 Jahre danach eine Friedensbrücke werden, sagt Gilbert Verstraelen vom Antwerpener Friedensverein: "Wir wollen die Vergangenheit und die Gegenwart mit dieser Brücke verbinden, wir wollen die Menschen und Kulturen näherführen, wir wollen aber vor allem auf die Flüchtlingsproblematik hinweisen."
Die Pontonbrücke von Antwerpen ist nämlich in erster Linie als Rettungsanker in Erinnerung geblieben: Hunderttausende Menschen flüchteten im Oktober 1914 vor den Deutschen. Über die Schwimmbrücke gelangten die Menschen auf das linke Schelde-Ufer, raus aus der Stadt. Die Altstadt von Antwerpen grenzt im Westen an die Schelde. Ähnlich wie damals gibt es auch heute keine feste Brücke in Stadtnähe.
Gebaut worden war die mobile Brücke 1914 aber nicht aus humanitären Gründen. Antwerpen war nach Kriegsausbruch im inzwischen besetzten Land zur Hauptstadt von Belgien geworden. Der König, die Armee: Alle hatten sich hierher verschanzt. Die Versorgung aus Frankreich und Großbritannien war dank der Pontonbrücke gewährleistet.
Und so funktioniert eine Schwimmbrücke: Kleine Boote mit Versatzstücken werden aneinandergereiht und verankert. Die Pontons schwimmen auf dem Wasser, werden aber dank der Boote, die entgegen der Strömung drücken, im Gleichgewicht gehalten. Knapp 400 Meter ist die Schwimmbrücke lang, von einem Schelde-Ufer zum anderen. Gebaut wurde die Erinnerungsbrücke von den belgischen und niederländischen Armeen.
Noch bis Sonntagabend werden insgesamt 100.000 Menschen - Einheimische und Touristen - den Weg der Flüchtlinge nachgehen und die Pontonbrücke überqueren: von der Antwerpener Innenstadt auf das Linke Schelde-Ufer. Bei einer zu Tränen gerührten Antwerpenerin sorgt das für Emotionen: "Ich muss es meinen Enkelkindern zeigen. Jeder sollte das miterleben. Wir dürfen nicht vergessen, was hier vor 100 Jahren geschehen ist."
Video: So wurde die Brücke in Antwerpen gebaut...
Infos zum Wochenende „Antwerpen baut Brücken" vom 3. bis zum 5. Oktober 2014 hier...
Foto: Jonas Roosens (belga)