Gert Peersman ist nicht nur Finanz-Ökonom an der Universität Gent, sondern arbeitet auch als Berater für die Europäische und die Britische Zentralbank. Was ein Hinweis darauf ist, dass das, was er sagt, in Finanzkreisen durchaus geschätzt wird und Peersman auch einen Blick für das hat, was über Belgien hinaus passiert.
Dienstagabend nun war er Gast in der VRT-Sendung Terzake. Und sollte dort dem flämischen Fernsehpublikum erklären, was es mit den Zahlen auf sich hat, die gerade so oft genannt werden, wenn es um die Erhöhung der Verteidigungsausgaben von Belgien geht.
Die sollen ja stark steigen, die Nato fordert mittlerweile nicht mehr nur zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie bislang. 3,5 oder gar fünf Prozent stehen jetzt im Raum. Laut Premierminister Bart De Wever könnte sich Belgien durchaus dazu verpflichten, in zehn Jahren das Fünf-Prozent-Ziel zu erreichen.
Fünf Prozent, das sei ja ziemlich abstrakt, meinte der VRT-Journalist. Ob Peersman diese Zahl nicht irgendwie verdeutlichen könne? "Bezogen auf einen Haushalt bedeutet das etwa 6.000 Euro", antwortete Peersman. "Aber ich finde einen anderen Vergleich eigentlich noch besser", fügte er hinzu: "Wenn man darauf schaut, was die Menschen jedes Jahr für Lebensmittel ausgeben, dann ist das auch fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts."
Absurd und sinnlos
Ob so viel Geld denn aus seiner Sicht, also aus Sicht eines Finanz-Ökonoms, sinnvoll für ein Land wie Belgien sei, wollte daraufhin der Journalist wissen. Und aus der ganzen Wortlawine, die er damit auslöste, konnte man am Ende die Bilanz ziehen: Nein, das ist nicht sinnvoll.
Denn zunächst sei es eigentlich schon ganz grundsätzlich absurd, dass die Ausgaben mit Prozent des Bruttoinlandsprodukts, des BIP, berechnet werden, sagte Peersman. Denn das würde ja bedeuten: Steigt in Belgien die wirtschaftliche Produktivität, also das BIP, steigen auch die Ausgaben für das Militär automatisch mit. Ohne darauf zu schauen, ob das überhaupt nötig sei, oder nicht.
Das Ziel von fünf Prozent stellte Peersman dann auch grundsätzlich mit einem Vergleich in Frage: "Fünf Prozent BIP", so sagte er, "soviel gibt Israel für sein Militär aus, ein Land, dass sich im Krieg befindet. Demgegenüber gibt die Schweiz, die nicht in der Nato ist, gerade mal 0,7 Prozent des BIP für die Verteidigung aus."
Bessere Zusammenarbeit
Der Finanz-Ökonom gab auch zu bedenken, dass das Fünf-Prozent-Ziel für die Militärausgaben von Experten bewusst gepusht sein könnte. "Fragen Sie mal einen Bildungsexperten oder einen Gesundheitsexperten, was man für ein gutes Bildungs- oder Gesundheitssystem braucht", zog Peersman einen Vergleich. "Da werden immer höhere Beträge genannt, als die, die zurzeit ausgeben werden."
Statt einfach nur enorm viel mehr Geld als bislang in die Verteidigung zu stecken, sieht der Finanz-Ökonom in mehr Zusammenarbeit zumindest der europäischen Staaten eine effizientere und kostengünstigere Lösung.
"Man darf sich zurecht fragen", sagte er wörtlich am Dienstagabend, "ob wir das gleiche Ziel nicht durch eine effizientere Zusammenarbeit erreichen können. Wir haben mehr als 20 Verteidigungsminister, 20 verschiedene Heeresverbände, die nicht auf eine Zusammenarbeit eingestellt sind. Ein europäisches Heer, ein Minister wären viel effizienter und würden auch viel weniger Geld kosten."
Kay Wagner