Andy Houscheid, wie ist der Song entstanden?
Der Song ist vor etwa ein, zwei Jahren entstanden. Ganz normal, wie meine meisten Songs am Piano. Das war so eine gute Nummer, die schnell rausgeflutscht ist. Das sind mir die liebsten Songs. Die haben eine gewisse Leichtigkeit und stehen für sich da. Da brauche ich nicht viel dran rumzufummeln.
Was heißt das, rausgeflutscht? Wie gehst du dann trotzdem da ran?
Ich habe meistens so eine musikalische Idee und auch eine Melodie. Ich spiele und improvisiere ja auch vor mich hin. Und dann kommen so Cord-Progression zu Cord-Strukturen, wo ich dann denke: Hey, das ist frisch oder ist neu oder habe ich so noch nicht geschrieben. Dann kommt auch meistens eine Melodie drauf. Und dann kam mir die Idee zugeflogen, doch mal einen Text zu schreiben über meine Vergangenheit als Tanzmusiker.
Und die liegt etwa 20 Jahre zurück, diese Zeit.
Oh ja, schon fast länger, würde ich sagen. Mein erster öffentlicher Auftritt war ja schon mit 13 Jahren, und davor gab es auch schon einige Auftritte. Da habe ich auf dem ein oder anderen Familienfest oder auf Dorffesten gespielt. Das heißt, ich war schon sehr früh dabei.
Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?
Vielleicht eine von den ersten Storys war, dass mein damaliger Volksschullehrer Willy Schmitz irgendwie mal nach dem letzten Unterricht sagte: Du, ich spiele heute Abend auf der Bierwoche in Rodt, komm vorbei. Dann spielst du ein paar Songs. Und da hat meine Mutter gesagt: Ja nee, morgen ist Schule, da fahren wir heute Abend nicht auf die Bierwoche. Mein Vater war aber ziemlich locker und sagte: Nein, wenn der Willy das gesagt hat, dann fahren wir zusammen dahin. Und dann sind wir hingefahren. Da habe ich meinen ersten kurzen Auftritt gehabt. Das war sehr bewegend. Das war schon eine Hausnummer für mich.
Wie beurteilst du diese Zeit jetzt in der Rückschau?
Bei mir war es ja schon sehr speziell, weil ich schon sehr früh dabei war. Ich weiß nicht, ob das nicht schon ein Hauch zu früh war. Ich bin dadurch früh erwachsen geworden, und es hat mich über auch sperrigere Zeiten gebracht in der Musik, wo ich dann manchmal keine Lust hatte zu üben, wo die klassische Musik zu weit weg war von mir. Ich hatte damals noch Orgel in der Musikschule gelernt und war in der Notenlehre, zwei-, dreimal die Woche. Diesem theoretischen Unterricht zu folgen war manchmal nicht so prickelnd für mich. Und diese Zeit, diese Tanzmusikerzeit und dieser Zusammenhalt und diese Leichtigkeit, ich glaube, die hat mich dadurch getragen, weil ich von Natur aus nicht so der große Theoretiker bin. Ich brauche eher Menschen und brauche Spaß, um auch druckvoll zu sein. Das hat mir diese ganze Tanzmusikerzeit gegeben. Diese Unbeschwertheit.
Daraus höre ich jetzt, dass es heute nicht mehr so ist, also nicht mehr ganz so unbeschwert wie damals vielleicht?
Ja, und das mag vielleicht an zwei Dingen hängen. Erstens mal soll die Kindheit ja unbeschwert sein, oder ist meist unbeschwerter als die Erwachsenenzeit. Gleichzeitig muss man sagen, dass der professionelle Musikmarkt heute doch einen ganzen Zacken rauer ist als damals diese Tanzmusik. Wenn man jetzt mal ein bisschen über den Tellerrand schaut, dann ist der Musikmarkt doch auch anstrengend. Ich glaube, dass auch nicht immer so viel Geld vorhanden ist oder das Geld, wie so oft, nur in wenigen Händen ist. Und die Nische, und dazu zähle ich mich auch, muss sich dann durchschlagen und muss gucken, wo sie Platz findet. Wenngleich ich aber auch gemerkt habe, dass es auch viel Zusammenhalt noch gibt unter Berufsmusikern und wenn man auf Gleichgesinnte trifft. Das habe ich jetzt zum Beispiel wieder gemerkt hier bei der Single, wo ich mal mit anderen Musikern gearbeitet habe, mit neuen Musikern. Das hat sich so ergeben, und dadurch sind auch viele Freundschaften entstanden. Das hatte ich eigentlich so nicht auf dem Schirm, dass auch das noch möglich ist.
Du machst viel Jazzmusik. "Piano und Lied" ist aber ein glasklarer Popsong. Soll das so sein? Ist das ein Song, den du auch im Radio verortest?
Ja, genau. Das war so ein Song, wo ich dachte: Ja, der rollt auch gut fürs Radio. Das fühlte ich schon so, und dann hat sich auch so ergeben, dass er poppig produziert wurde. Das passt zum Song. Und ich muss dazu sagen, dass die Leute, die daran mitgeschraubt haben - so sagt man das ja umgangssprachlich - aus dem Pop-Bereich kommen. Das sind Leute um Tim Bendzko, besonders der Sascha Hünermund, der mir sehr geholfen hat. Man merkt, dass die einen starken Pop-Touch haben, auch ein Gespür für etwas, was gut rollt. Und das spiegelt sich wieder in diesem Song.
Also für Harmonien, die ins Ohr gehen, wenn man so will.
Ja, das hat sich so ergeben und ist auch gut so.
Jetzt gibt es nicht nur die Produktion, die natürlich akustisch wunderbar funktioniert, sondern du bist noch einen Schritt weiter gegangen und hast auch ein Video produziert. Wie ist es dazu gekommen?
Das war auch wieder über Freunde. Die Musik hat sich ja über Freunde aus der Studienzeit in Leipzig ergeben, und das Video kam dann zustande über Kontakte mit Freunden aus Dortmund, die sehr professionell Musikvideos machen, auch für größere Namen. Ich hatte also einen Einstieg, konnte es finanziell auch stemmen. Und dann hat sich das ergeben, dass ich mit dieser Dortmunder Firma schließlich dieses Musikvideo drehen konnte.
Das heißt, es wurden Teile des Videos in Dortmund gedreht, im Studio und auch draußen. Aber ganz wichtig: Es gibt dann auch visuell den Rückblick auf die Zeit von damals, auf den Anfang der Nullerjahre, mit Videoaufnahmen von damals. Wo kommen die her?
Ja, wenn ich das noch wüsste, wer die alle gefilmt hat ... Auf jeden Fall habe ich mal so einen Rundumschlag gemacht und habe alle Leute kontaktiert, ob sie noch irgendwie Videomaterial haben und habe das dann zusammengetragen. Das ist halt so der Gag in dem Video, dass wir alte Videos einblenden, natürlich dann auch mit schlechterer Qualität. Aber sie haben die schön verpackt. Da sind auch Videos von meinen ersten Auftritten dabei. Zum Beispiel haben sie von einem Auftritt, den ich mit zwölf oder 13 Jahren hatte, zwei Szenen mit reingetan. Wenn man nicht genau guckt, sieht man gar nicht, dass ich das bin, weil ich so jung bin. Hier und da haben wir alte Videos zusammengetragen und haben die in das große Video einfließen lassen.
Was ist da sonst noch in der Pipeline? Also "Piano und ein Lied" ist ein Song. Da gibt es bestimmt noch mehrere, oder?
Wir haben jetzt mal drei Singles gemacht. "Piano und ein Lied" ist die erste. Und ich kann vielleicht schon verraten: Einen weiteren Song gibt es mit einem "featuring Konstantin Wecker", den ich seit einigen Jahren begleiten darf. Mit ihm stehe ich ständig in Kontakt und es war mir wichtig, mal was mit ihm zu machen. Und er hat sich bereiterklärt, auf einem meiner Songs ein Feature zu singen. Er singt die Refrains, dann kommt noch eine dritte Single, ein etwas ruhiger Song. Ich werde mir aber einige Wochen Zeit lassen zwischen den Singles. Also jetzt erst mal "Piano und ein Lied" am Start für dieses Jahr. Und dann Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres kommen dann weitere Singles. Neue Songs sind auch schon da, müssen aber auch noch mal produziert werden. Aber ich denke jetzt erst mal so mehr in Singles. Die letzten vier Alben, das waren ja immer ganze Alben, die ich auf den Markt gebracht habe. Ich habe jetzt auch mal Lust, mich auf einige Songs etwas mehr zu konzentrieren und auch mehr zu produzieren. Das ist scheinbar auch mehr gang und gäbe, Singles zu veröffentlichen als direkt ganze Alben. Ich gönne mir jetzt auch diese Ruhe, dass man sich auf einen Song einige Wochen konzentrieren kann und nicht gleich ein ganzes Album raushaut.
Olivier Krickel