Nico Rosberg konnte seinen Helm nicht schnell genug abnehmen und sich mit einem breiten Grinsen von seinem Team feiern lassen. Der WM-Herausforderer ließ sich beim Saisonauftakt der Formel 1 von nichts und niemandem bremsen: Sieg vor Titelverteidiger Lewis Hamilton und Ferrari-Star Sebastian Vettel. "Unglaublich, unglaublich", meinte Rosberg.
Nach einem spektakulären Großen Preis von Australien mit einem Horrorunfall des Spaniers Fernando Alonso, einer Rennunterbrechung und Feuer im zweiten Ferrari genoss Rosberg seine erfolgreiche Kampfansange am Sonntag in vollen Zügen. "Es was ein super Start für uns." Für den 30-Jährigen war es der 15. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere, der vierte saisonübegreifend in Serie.
Doch auch der geschlagene Dreifach-Weltmeister Hamilton und der drittplatzierte Vierfach-Champion Vettel waren zufrieden. "Ich hatte schon wesentlich schlimmere Saisonauftakte", meinte Hamilton, der nach einem schlechten Start eine beeindruckende Aufholjagd hingelegte. Er und auch Rosberg hatten nach der Safety-Car-Phase mit den härteren Reifen die bessere Wahl getroffen. Vettel blieb Rang drei. "Die rote Flagge hat uns nicht geholfen. Wir haben versucht, etwas aggressiver zu sein, dummerweise hat das nicht funktioniert."
Der Heppenheimer hatte den Großen Preis von Australien im Albert Park lange angeführt, nach der Safety-Car-Phase konnte er den Spitzenplatz gegen Rosberg aber nicht mehr lange verteidigen. Nico Hülkenberg schaffte es im Force India als Siebter in die Top Ten, Pascal Wehrlein wurde bei seinem Debüt 16. im Manor.
Die längste Saison in der Geschichte der Formel 1 begann mit einem Startabbruch: Sämtliche Wagen standen auf ihren Plätzen, nur der Russe Daniil Kwjat im Red Bull nicht. Sein Auto streikte, nach einer weiteren Einführungsrunde ging es los. Und wie: Pole-Mann Hamilton patzte, Rosberg auf Rang zwei kam mäßig in die Gänge, dafür schoss Vettel noch vor der ersten Kurve zwischen den beiden Silberpfeilen durch an die Spitze.
Danach raste auch noch Kimi Räikkönen nach vorn und reihte sich hinter Vettel ein. Hamilton fand sich nach der ersten Runde zunächst auf dem sechsten Platz wieder. An der Spitze gab Vettel mächtig Gas, hatte anderthalb Sekunden Vorsprung auf Räikkönen, mehr als drei auf Rosberg nach gerade mal zwei Runden - die Fans wurden gleich zu Beginn für die kapitale Fehlzündung mit dem neuen und schon wieder abgeschafften Qualifikationsmodus am Vortag entschädigt.
Nach zwei Jahren der Mercedes-Dominanz blieb beiden Silberpfeilen zunächst nur die Rolle der Jäger. Hamilton begann schon zu verzweifeln. Ferrari, im vergangenen Jahr dreimaliger Saisonsieger durch Vettel, gab im ersten von 21 Rennen in diesem Jahr anfangs das Tempo vor.
Auch die Attacke Rosbergs durch einen früheren Boxenstopp überstand Vettel. Der Heppenheimer Ferrari-Star ließ sich im Gegensatz zum gebürtigen Wiesbadener im Mercedes allerdings noch einmal die ganz schnellen supersoften Reifen aufziehen. Und damit düpierte er bei einem Überholmanöver auch Hamilton, der noch mit seinem ersten Reifensatz unterwegs war.
Doch alle Vorsprünge und Rückstände waren dahin, als das Rennen nach Alonsos Unfall abgebrochen wurde. Bei einem Überholmanöver krachte der zweimalige Weltmeister mit seinem McLaren in der 17. Runde auf den Haas-Rennwagen von Esteban Gutierrez. Er überschlug sich und landete mit seinem Auto im Fangzaun. Von dem Wagen war nur noch ein Wrack übrig. Wie durch ein Wunder passierte Alonso nichts. "Es geht ihm gut", versicherte Teamchef Eric Boullier. Untersucht wurde Alonso dennoch im Medical Center an der Strecke.
Nach gut 20 Minuten ging es auch der Boxengasse wieder los, und nun wurde es zum Strategie-Gipfel. Vettel auf den superweichen, aber nicht so haltbaren Reifen, Rosberg und Hamilton (6.) auf den härteren Medium-Pneus, die an dem Rennwochenende in Melbourne noch kein einziges Mal zum Einsatz gekommen waren. Doch das Wagnis zahlte sich bei den Silberpfeilen aus: Vettel musste auch dem Reglement entsprechend noch mal die Reifen wechseln, Rosberg nicht. Und auch Hamilton raste unaufhaltsam nach vorn.
Was für die Roten traumhaft begann, schien sich weniger wunschgemäß weiterzuentwickeln: Aus dem Wagen von Räikkönen schlug Feuer - das Aus für den "Iceman". Dafür arbeitete sich Vettel nach seinem erneuten Boxenstopp wieder heran und setzte Hamilton auf den letzten Runden unter Druck, ehe er sich einen Verbremser leistete. "Sorry, Jungs", funkte er an seine Crew. "Heute haben wir sie nicht von ihrer stärksten Seite gesehen", meinte Mercedes-Teamchef Toto Wolff zur Scuderia: "Aber die werden kommen."
cd/dpa - Bild: Paul Crock/AFP