Eines seiner Ziele hat Michel Platini erreicht. Der derzeit suspendierte Präsident der Europäischen Fußball Union (UEFA) wollte mit der Aufstockung der EM-Endrunde von 16 auf 24 Mannschaften das Turnier für kleinere Verbände öffnen und die Qualifikationsspiele interessanter machen. Doch die Kleinen ärgerten die Großen mehr als erwartet. Die EM-Aussicht "Albanien statt Niederlande" dürfte nicht jedem UEFA-Funktionär gefallen. Sie könnte jedoch am Dienstagabend nach Abschluss der Gruppenspiele Realität sein.
Während in den Niederlanden die Hoffnungen auf den Relegationsplatz gegen null tendieren, jubelte ganz Albanien am Montag über eine Fotomontage in den sozialen Netzwerken. Das Bild zeigt den Eiffelturm, an dem die überdimensionierte albanische Nationalfahne weht. "Ein unmöglicher Traum wird wahr", erklärte Regierungschef Edi Rama nach dem 3:0-Sieg in Armenien, mit dem das Balkan-Land am Sonntagabend erstmals das Ticket für eine EM-Endrunde löste.
Albanien ist nach Island, Nordirland und Wales bereits der vierte Debütant, der nächstes Jahr in Frankreich dabei sein wird. Dort wollen die Neulinge die Schwergewichte wie bisher ärgern. Die Skipetaren schickten Ex-Europameister Dänemark in die Relegation, die Nordiren und die Waliser ließen die WM-Teilnehmer Griechenland und Bosnien-Herzegowina hinter sich und die Isländer brachten mit ihren zwei Sensationssiegen den WM-Dritten Niederlande in größte Not.
"Das ist undenkbar", lautete der Tenor im Nachbarland vor dem Dienstag-Heimspiel gegen Tschechien. Oranje muss ohne den verletzten Arjen Robben gewinnen und dazu auf eine Niederlage der Türkei gegen Island hoffen. Der umstrittene Trainer Danny Blind hat zwei Torhüter nachnominiert, sein Posten wackelt.
Fußball-Legende Johan Cruyff forderte strukturelle Änderungen beim Verband. "Ein Fußballbund ohne Direktor ist und bleibt ein Witz", sagte der frühere WM-Zweite. Der niederländische Einzelhandel sieht für die EM schwarz und kalkuliert mit mehr als 50 Millionen Verlust im nächsten Sommer.
Die Partie zwischen der Türkei und Island in Konya wird überschattet durch das Attentat in Ankara mit fast 100 Toten. "Der Schmerz ist groß", sagte Leverkusens Profi Hakan Calhanoglu. Sportlich setzt er voll auf Sieg. "Frankreich ohne die Türkei ist nicht vorstellbar", erklärte Calhanoglu.
Hinter dem brisanten Zweikampf um Platz drei in der Gruppe A verblassen die anderen Entscheidungen am letzten Spieltag. Norwegen (19 Punkte) und Kroatien (17) kämpfen in der Gruppe H in einem Fernduell um Platz zwei. Die Kroaten haben auf Malta die leichtere Aufgabe zu lösen. Die Norweger müssen in Italien gewinnen, um ganz sicher zu gehen. Bei Punktgleichheit hat Kroatien die Nase vorn.
In der Gruppe B hoffen in Bosnien-Herzegowina (14), Israel (13) und Zypern (12) noch drei Teams auf den dritten Rang und die Relegation. Die vier Partien werden am Sonntag ausgelost. Die Bosnier treten im direkten Duell auf Zypern an. Die Israelis gelten in Belgien als Außenseiter, zumal die "Roten Teufel" mit einem Sieg die Nummer eins der Weltrangliste werden können.
Das kleine Wales kommt derzeit aus dem Feiern nicht heraus. Gegen das noch kleinere Andorra geht am Dienstag die nächste feucht-fröhliche Party ab. Nach dem umjubelten Einzug des Rugby-Teams in das WM-Viertelfinale gehört der Abend im Cardiff City Stadium ganz allein Gareth Bale und seinen kickenden Kollegen.
dpa/okr