Brasiliens Fußballfans dürfen weiter vom sechsten Weltmeistertitel träumen. Der WM-Gastgeber zog nach einem 2:1 über Kolumbien ins Halbfinale gegen Deutschland ein.
In einem im wahrsten Sinne des Wortes hart umkämpften Spiel hatten die Brasilianer die besseren Möglichkeiten. Vor allem nutzten sie die Standards konsequenter: Thiago Silva traf früh nach einem Eckball (7.), David Luiz sorgte in der zweiten Hälfte per Freistoßhammer für die Vorentscheidung (69.).
Kolumbiens Anschlusstreffer in der 80. Minute durch einen von James Rodriguez verwandelten Foulelfmeter kam zu spät. Es war sein sechstes Tor bei dieser WM. Brasiliens Superstar Neymar musste in der Schlussphase verletzt vom Spielfeld getragen werden.
Das Estadio Castelao in Fortaleza war ganz in Gelb getaucht, denn beide Nationalmannschaften treten nomalerweise in gelben Trikots an. Kolumbien stattdessen heute in rot und blau. Beide Teams begannen mit zwei Änderungen: Bei Brasilien verteidigte Maicon rechts hinten für Dani Alves, Paulinho ersetzte den gelbgesperrten Luiz Gustavo. Kolumbiens argentinischer Trainer José Pekerman setzte auf Guarin und Ibarba statt Aguilar und Jackson.
Nach vier Minuten versuchte es Neymar mit einem Freistoß aus interessanter Position - aber deutlich neben das Tor von David Ospina. Zwei Minuten später holte Brasiliens Superstar im Sprint mit Zapata einen Eckstoß heraus - und der brachte in der 7. Minute die frühe Führung für den WM-Gastgeber: Kolumbiens Abwehr konzentrierte sich auf den kopfballstarken David Luiz und vergaß dabei Mannschaftsführer Thiago Silva, der den von Neymar getretenen Ball mit dem linken Knie ins Tor befördert.
In der 11. Minute kam die Antwort von Kolumbien: Ein strammer Schuss von Cuadrado wurde noch so gerade zur Ecke abgefälscht, die nichts einbrachte. Auf der Gegenseite wurde der zweite brasilianische Eckball vom 38 Jahre alten Mario Yepes aus dem Strafraum befördert. Doch die Gefahr war nicht gebannt. Hulk setzte nach, drang in den Sechzehner und legte quer - Armero klärte in höchster Not vor dem einschussbereiten David Luiz. Nur wenig später musste Ospina zweimal eingreifen: erst gegen Hulk, dann gegen Oscar (20.).
Trotz Temperaturen von 29 Grad Celsius hatte das Spiel hohes Tempo. Einen Konter der Kolumbianer leitete James Rodriguez zu Cuadrado, der die Chance nicht ausspielte - auf der anderen Seite machte Hulk ordentlich Dampf: Erst setzte er Marcelo glänzend in Szene, dann forderte er selbst mit enem strammen Schuss Ospina heraus. Dagegen machte Kolumbiens James Rodriguez zu wenig aus zwei aussichtsreichen Freistoßsituationen (38.). Zuniga hätte später wegen eines üblen Tritts gegen das Knie von Hulk die Rote Karte verdient gehabt. Mit einem hochverdienten Vorsprung ging Brasilien in die Pause.
Nach dem Seitenwechsel kam bei Kolumbien der Neu-Dortmunder Adrian Ramos für Ibarbo ins Spiel, neben die bisherige Spitze Gutierrez. In der zweiten Hälfte wurde das Spiel oft wegen Fouls unterbrochen. Schiedsrichter Carlos Velasco Carballo aus Spanien hätte konsequenter durchgreifen müssen.
In der 64. Minute sah Thiago Silva für ein dummes Einsteigen gegen Ospina die gelbe Karte. Für den brasilianischen Kapitän war es die zweite des Turniers, er fehlt damit im Halbfinale gegen Deutschland. Im Anschluss daran wurde der vermeintliche Ausgleichstreffer wegen vorher gepfiffenen Abseits aberkannt. In einer aufgeheizten Stimmung sah dann auch James Gelb nach einem rüden Einsteigen gegen Hulk. Aus dem folgenden Freistoß besorgte David Luiz mit einem Gewaltschuss so etwas wie die Vorentscheidung - das 2:0 in der 69. Minute.
José Pekermann brachte daraufhin mit Carlos Bacca für Teofilo Gutierrez einen frischen Stürmer. Der frühere Spieler des FC Brügge wurde in der 77. Minute im Strafraum gefoult - Elfmeter und Gelb für Julio Cesar. James Rodriguez trat an und sorgte in der 80. Minute für den Anschlusstreffer. Mit sechs Toren führt James die Torjägerliste bei der WM nun noch etwas deutlicher an.
José Pekerman brachte Juan Quintero für Cuadrado - sein Gegenüber Luiz Felipe Scolari wechselte Ramires für Hulk und Hernanes für Paulinho. Doch sorgte Zuniga für einen weiteren unrühmlichen Höhepunkt, indem er Neymar in den Rücken trat - Brasiliens Superstar wurde auf der Trage vom Spielfeld gebracht und durch Henrique ersetzt.
Auch ohne Neymar überstand Brasilien die fünf Minuten Nachspielzeit - Ramos leitete einen James-Eckball noch mit dem Kopf am Tor vorbei. Der Seleçao fiel sichtbar ein Stein vom Herzen - nach dem Ausscheiden Kolumbiens verließ ein in Tränen aufgelöster James Rodriguez die WM, die seine hätte werden können. Sein Torzähler bleibt bei sechs Treffern stehen. Brasilien kämpft nun am Dienstagabend gegen Deutschland um den Einzug ins Finale von Rio de Janeiro.
Bild: Eitan Abramovich, AFP