Die Massenproteste und Ausschreitungen in Brasilien lassen den Confederations Cup immer mehr zum Fiasko für den Gastgeber werden und stellen bei ähnlichen Dimensionen im kommenden Sommer sogar die WM am Zuckerhut infrage. Gerüchte, dass angesichts der Sicherheitslage bereits über eine mögliche Verlegung des Turniers 2014 nachgedacht werde, wurden aus FIFA-Kreisen zurückgewiesen.
Die Spiele des Confederations Cups - wie der 10:0-Rekordsieg von Weltmeister Spanien gegen das tapfere Team aus Tahiti - sind weiterhin von den Demonstrationen nicht direkt betroffen, doch auf den Straßen des Riesenlandes herrscht teilweise Ausnahmezustand und das erste Todesopfer ist zu beklagen.
Die FIFA dementierte auch Gerüchte über einen möglichen Abbruch des Confederations Cups. "Weder die FIFA noch das LOK haben je über eine mögliche Absage diskutiert", sagte ein Sprecher des Weltverbandes am Freitag der dpa. Man habe "vollstes Vertrauen in das Sicherheitskonzept" für Confed Cup und WM und stehe in ständigem Kontakt mit den entsprechenden Behörden.
Ein Todesopfer
Rund eine Million Menschen waren in der Nacht zum Freitag in etwa 100 Städten an den Protesten gegen soziale Ungerechtigkeit und Korruption beteiligt. In vielen Städten gerieten diese außer Kontrolle und es kam zu bürgerkriegsähnlichen Szenen. In Ribeirão Preto starb ein 18-Jähriger, der von einem Auto erfasst wurde, dessen Fahrer nicht an einer Barrikade der Demonstranten stoppen wollte.
Der Fußball-Weltverband FIFA gerät angesichts der Ereignisse langsam in Erklärungsnot, denn der WM-Testlauf ist schon jetzt von den Ereignissen massiv überschattet. "Die Proteste in Brasilien werden auch von der FIFA sehr ernst genommen, obwohl anzumerken ist, dass diese Ausdruck allgemeiner Unzufriedenheit sind und nicht spezifisch gegen die FIFA und die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft gerichtet sind", hieß es in einem Statement.
Die sportlichen Ereignisse und auch die fröhlichen Fanfeste in den sechs Stadien stehen im krassen Kontrast zu den politischen Ereignissen, die Präsidentin Dilma Rousseff zu einer Krisensitzung in Brasília und der Absage einer geplanten Japan-Reise veranlassten.
Duell Neymar vs. Balotelli
Im Schatten der politischen Ereignisse gehen die Spiele weiter. Brasilien freut sich dabei auf das Duell seinen Superstars Neymar mit Italiens exzentrischem Kraftprotz Mario Balotelli am Samstag in Salvador. Auf den ersten Blick haben das Enfant Terrible der Squadra Azzurra und der 57 Millionen Euro teure neue Stürmer des FC Barcelona wenig gemein. Aber die beiden Torjäger wollen nach dem Turnier sogar gemeinsam Urlaub im Land des Rekordweltmeisters machen. Das verriet zumindest Balotellis Lebensgefährtin Fanny Neguesha der spanischen Zeitung "Sport".
"Er ist einer der besten Spieler der Welt, und ich wünsche ihm alles Gute beim Turnier hier - außer gegen Brasilien", sagte Neymar über Balotelli. Beide haben beim Confed-Cup bisher zwei Tore erzielt. Der Seleção genügt ein Unentschieden gegen Italien, um als Gruppenerster einem wahrscheinlichen Halbfinale gegen Weltmeister Spanien aus dem Weg zu gehen. Gegen Italien kann Neymar nun zeigen, ob er mit der Härte europäischer Abwehrspieler zurechtkommt. Keine Bedeutung mehr hat das zweite Spiel der Gruppe A zwischen den sieglosen Japanern und Mexikanern.
Etwas mehr Spannung besteht noch in der Gruppe B. Spanien ist nach dem 10:0 gegen Tahiti praktisch qualifiziert und könnte sich gegen Nigeria am Sonntag sogar eine Niederlage mit drei Toren Differenz erlauben. Uruguay hat nach dem Sieg durch das Tor von Jubilar Diego Forlan in dessen 100. Länderspiel einen kleinen Vorteil gegenüber Nigeria. Gegen Außenseiter Tahiti kann der Südamerika-Meister das Resultat wohl nach Belieben hochschrauben, sollte der punktgleiche Afrika-Champion tatsächlich gegen Spanien gewinnen.
Von Arne Richter und Helmut Reuter, dpa - Bild: Yuri Cortez, afp