Sebastian Vettel hat im unfassbaren Formel-1-Finale von Sao Paulo mit unglaublicher Nervenstärke im demolierten Red Bull den historischen WM-Hattrick perfekt gemacht. Der Deutsche ließ sich auch von einem Unfall nach wenigen Metern und dem letzten Platz nicht bremsen.
Vettel holte als Sechster beim Großen Preis von Brasilien am Sonntag die nötigen Punkte, um seinen bärenstarken Widersacher Fernando Alonso im denkwürdigen Zitterrennen von Interlagos in Schach zu halten. Dem Spanier reichte Platz zwei nicht, um die 14 Punkte Rückstand auf Vettel aufzuholen.
Vettel ist mit 25 Jahren und 145 Tagen der jüngste Dreifach-Weltmeister der Formel-1-Geschichte und der erst dritte Pilot nach Juan Manuel Fangio und Michael Schumacher, der dreimal nacheinander die WM-Trophäe gewann.
Den Sieg beim letzten WM-Lauf 2012, der das ultimative i-Tüpfelchen auf eine verrückte Saison war, sicherte sich Jenson Button vor Alonso und dessen Ferrari-Teamkollege Felipe Massa. Formel-1-Ikone Schumacher verabschiedete sich nach 308 Grand Prix und insgesamt sieben WM-Titeln mit dem siebten Rang.
"Einer hat mich getroffen"
Die Dramatik begann, als die Roten Ampel den Weg für das Finale furiose frei machte. Was in den ersten der insgesamt 71 Runden im Autodromo Carlos Pace passierte, hatte Seltenheitswert. Vettel kam schlecht von seinem vierten Startplatz weg. Im Gegensatz zu Verfolger Alonso, der sich von Platz sieben auf den dritten Rang hinter Pole-Mann Hamilton und dessen Teamkollegen Button katapultierte.
Und dann das: Bruno Senna rappelt mit seinem Williams ungestüm in einer Linkskurve in Vettels Rennwagen. Vettel dreht sich und musste hilflos mitansehen, wie das gesamte Feld vorbeirast. "Einer hat mich getroffen", funkte Vettel hörbar geschockt und mit fast weinerlicher Stimme an seine Teamleitung. Für Vettel, dessen Wagen auf der Höhe des Auspuffs auf der linken Seite demoliert war, begann die Aufholjagd zum Titel. Wie bei seiner famosen Fahrt in Abu Dhabi rollte er das Feld auf leicht feuchter Strecke von hinten auf.
Von der Box kam die Beruhigung: Mit deinem Wagen ist alles okay. Und schon in Runde fünf wendete sich das Blatt zu seinen Gunsten. Alonso hatte sich verbremst und musste seinen dritten Rang wieder abgeben. Derweil rammte aber der Japaner Kamui Kobayasi in seinem letzten Sauber-Auftritt Vettels Teamkollegen Mark Webber - Glück für Alonso, der dadurch wieder vorrückte.
Safety-Car
Dann wechselten die beiden WM-Duellanten wegen der feuchten Strecke auf Intermediates-Reifen. Das Rennen wurde auch noch zur befürchteten Wetter-und Reifenlotterie. Als beide wieder auf die Trockenreifen umstiegen, reihte sich Vettel als Fünfter einen Platz hinter Alonso ein. Dann klagte auf einmal Alonso: "Da liegen zu viele Teile auf der Strecke." Die Rennleitung reagierte und schickte das Safety-Car auf die Strecke. Kaum war es wieder freigegeben, drohte Vettel zwischen Kobayashi und Webber zerquetscht zu werden. Webber wich aus, Kobayashi raste aber an Vettel vorbei.
Dann gab Nico Hülkenberg dem Rennen eine neue Wende: Er rammte den Wagen von Hamilton. Hamilton fiel hinter Alonso zurück, der Spanier war auf WM-Kurs. Es wurde nasser und noch rasanter. Vettel reagierte, aber die Boxencrew bekam das rechte Vorderrad nicht schnell genug drauf. Vettel verlor weitere Sekunden. Auch Alonso wechselte und reihte sich als Vierter wieder ein.
Elf Runden vor Schluss - längst war bei Vettel auch noch der Funk ausgefallen - fuhr die WM-Trophäe wieder mit. Er lag auf Rang sieben, Alonso auf dem dritten Platz, ehe ihn aber Massa vorbeiließ. Vettel überholte kurz danach Schumacher, und nach einem weiteren Unfall musste das Safety Car raus. Überholen war damit unmöglich. Und Vettel hatte es nach 309,505 Kilometern geschafft.
Von Elmar Dreher, dpa - Bild: Orlando Kissner, afp