Nicht einmal zwölf Stunden nach dem Erlöschen der Flamme in London hatten die Sommerspiele doch noch einen Doping-Skandal um eine Olympiasiegerin. Kugelstoßerin Nadeschda Ostaptschuk muss ihre Goldmedaille zurückgeben.
Die Weißrussin wurde nach Angaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) vom Montag disqualifiziert, die zweitplatzierte Neuseeländerin Valerie Adams zur Gewinnerin erklärt. Ostaptschuk ist die erste Sportlerin der Londoner Spiele, die Edelmetall zurückgeben muss - und die insgesamt neunte Gedopte.
Die 31-Jährige hat nach IOC-Angaben am 5. August - einen Tag vor ihrem Wettkampf - und am 6. August kurz nach ihrem Triumph eine Urinprobe abgegeben. Darin sei das anabole Steroid Methenelon gefunden worden. Das verbotene Mittel war früher vor allem in Bodybuilderkreisen verbreitet und kann hat bei Frauen Nebenwirkungen wie Akne, Bartwuchs und Stimmvertiefung haben.
Die IOC-Disziplinarkommission entschied, dass Ostaptschuk aus den Ergebnislisten gestrichen wird. Von der Kugelstoßerin selbst gab es zunächst keine Stellungnahme. Das Nationale Olympische Komitee Weißrusslands wurde aufgefordert, Medaille, Urkunde und Gold-Anstecker der Sportlerin schnellstmöglichst an das IOC zurückzugeben. Ostaptschuk war in Peking 2008 Olympia-Dritte, 2005 Weltmeisterin in Helsinki, 2011 in Daegu/Südkorea Vize-Weltmeisterin sowie 2010 Europameisterin.
Während sich die dreifache Weltmeisterin Adams am Tag nach der Schlussfeier doch noch über ihren zweiten Olympiasieg nach 2008 freuen konnte, geht Silber nun an die Russin Jewgenia Kolodko, Bronze an die Chinesin Lijiao Gong.
5000 Dopingtests
Das IOC führte in London nach eigenen Angaben die Rekordzahl von etwa 5000 Dopingtests durch: 3800 Urin- und 1200 Bluttests. Ostaptschuk ist die neunte Sportlerin, die erwischt wurde. Victor Conte, Gründer des einstigen BALCO-Labors und zentrale Figur des größten Doping-Skandals in den USA, hatte vermutet, dass die Dunkelziffer viel, viel höher ist - 60 Prozent der Athleten könnten gedopt sein. "Er weiß es vielleicht besser als andere", sagte Richard Pound, ehemaliger Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA. "Ich hoffe, es sind nicht 60 Prozent gewesen, aber es sind sicherlich mehr, als wir fangen."
25 Millionen Euro kostete das IOC das Testprogramm und das Analyselabor. 117 Athleten waren schon zwischen April und dem Olympia-Start positiv getestet und aus dem Verkehr gezogen. "Das ist ein Zeichen, dass das System funktioniert", meinte IOC-Präsident Jacques Rogge am Sonntag.
Von Ulrike John, dpa - Bild: Frankc Fife, afp