London is calling, oder besser noch Wembley is calling. Dieses mythische Stadion schreit nur nach Geschichte. Hier hat es schon alles gegeben: historische Siege, dramatische Niederlagen und ganz viele Emotionen.
Eine Rechnung offen mit dem Mythos Wembley-Stadion hat Borussia Dortmund. Auch beim letzten Champions-League-Finale in London 2012/2013 war der BVB dabei. Im rein deutschen Duell gab's damals eine 1:2-Niederlage gegen den FC Bayern München. Mit Mats Hummels und Marco Reus sind auch heute noch zwei Spieler dabei, die vor elf Jahren auch schon auf dem Platz standen und die Niederlage miterleben mussten. Jetzt steht zumindest Marco Reus kurz vor seinem Karriereende bei der Borussia und die Zeit bei Dortmund möchte er natürlich mit einem Champions-League-Titel in seinem letzten Spiel in schwarz-gelb krönen.
Das scheint aber fast unmöglich gegen die Übermacht Real Madrid - vor allem mit Blick aufs Torkonto in dieser Champions-League-Saison. Mit gerade einmal 17 Toren haben die Dortmunder es bis ins Finale geschafft. Fünf davon fielen im Viertelfinale-Hin-und Rückspiel gegen Madrids Stadtrivalen Atletico. Im Halbfinale gab's dann zwei knappe 1:0-Siege gegen ein spielerisch übermächtiges PSG. Den Parisern wurde ihre mangelnde Chancenverwertung zum Verhängnis und der BVB hatte das nötige Glück bei zahlreichen Pfosten- und Lattentreffern. Auch so kann man es ins Finale schaffen und dieses gewinnen. Das hat Inter Mailand noch 2010 bewiesen. Am Ende muss man nur ein Tor mehr schießen als der Gegner - auch in London.
Nur ist das "Ein-Tor-mehr-schießen" gegen keine Mannschaft so schwer wie gegen Real Madrid. Die Königlichen sind wieder zurück und wollen den Rekord ausbauen und Titel Nummer 15. Den letzten gab's 2022 in Paris gegen den FC Liverpool. Die letzte Niederlage für Real im Finale der Champions League war 1981 in Paris gegen Liverpool und damals hieß der Wettbewerb noch Europapokal der Landesmeister. Seit der Umbenennung in Champions League 1992 setzten sich die Spanier nach jedem Finaleinzug am Ende auch jedes Mal durch.
Beim Blick auf den aktuellen Kader fällt es schwer, einen weiteren Titel in dieser Saison in Frage zu stellen. Defensiv steht Real stabil und offensiv sorgen der Ex-Dortmunder Jude Bellingham, Rodrygo und Vinicius Junior für ein fußballerisches Feuerwerk. Letzterer hat in dieser Champions-League-Saison bereits fünf Tore und sieben Assists - absolute Weltklasse.
Da kann auf der anderen Seite beim BVB, was die spielerische Qualität angeht, wohl nur Jadon Sancho mithalten. In der Gruppenphase spielte er damals noch bei ManUnited gar keine Rolle. Beim BVB ist er nach seinem Wechsel zum wichtigen Champions-League-Stammspieler geworden.
Aber zurück zu Real. Auch die Königlichen haben mit Toni Kros einen wichtigen Stammspieler auf Abschiedstour. Auch er will seine erfolgreiche Zeit im Mittelfeld von Real mit einem weiteren Titel krönen. Seine Saison geht danach sogar noch weiter, er darf noch mit Deutschland zur EM - im Gegensatz zum wieder genesenen Thibaut Courtois, den Nationaltrainer Domenico Tedesco nicht in den Kader berufen hat. Dafür ist es gut möglich, dass Torhüter Courtois nach langer Verletzung ausgerechnet im Finale sein Champions-League-Saisondebut feiern wird. Sein Ersatzmann Andrey Lunin, der Courtois die gesamte Saison in allen Wettbewerben souverän ersetzt hat, fehlt bei der Vorbereitung auf das wichtige Finale krankheitsbedingt. In den Sozialen Medien wünschte Lunin seinen Teamkollegen viel Erfolg. Die Chance also für Thibaut Courtois, sich direkt noch einmal auf der größten fußballerischen Bühne der Welt zu präsentieren.
Es ist also angerichtet für ein packendes Finale mit einem klaren Favoriten. Aber es bleibt dabei: London und Wembley rufen und damit kann Geschichte geschrieben werden - wie sie aussieht, wissen wir nach mindestens 90 Minuten.
Robin Emonts