Für Fußball-Traditionalisten auf der Insel ist der Gedanke noch gewöhnungsbedürftig. Schon bald könnten Chinesen den FC Liverpool, ein wahres «Kulturgut» der Briten, kaufen - und zwar von zwei US-Amerikanern. Mehrere Medien berichteten am Donnerstag auf der Insel, hinter dem Geschäftsmann Kenny Huang, der sein Interesse an den «Reds» angemeldet hat, stehe die China Investment Corporation (CIC). Diese verwalte die Auslandsinvestitionen Chinas, hieß es.
Offizielle Kommentare gab es nicht. Der seit Wochen schwelende Bieterwettkampf um den überschuldeten Kultverein bekam aber noch mal einen kräftigen Anstoß. Und es gab neue Diskussionen um die Tatsache, dass immer mehr traditionsreiche englische Clubs Besitzer aus dem Ausland haben.
Das Paar FC Chelsea und Roman Abramovich kennen mittlerweile auch Leser der Klatschspalten. Den FC Fulham hatte schon vor Jahren der ägyptische Multimillionär Mohamed Al Fayed gekauft. Reiche US-Amerikaner stehen hinter Aston Villa und Manchester United. Dessen Lokalrivale Manchester City ist im Besitz von Scheich Mansour bin Zayed.
Die Investoren bringen Geld, das es auf der Insel nicht gibt. Die Clubs bieten dafür große Namen. Nicht immer machen sich die Besitzer aus der Ferne aber bei den Fans auch beliebt. Bei Manchester United entstand sogar eine Fan-Bewegung gegen den Club-Eigentümer Malcolm Glazer.
Egal, wie der Kampf um den FC Liverpool ausgeht, mit größter Wahrscheinlichkeit siegt ein ausländischer Investor. Auf dem Platz stehen derzeit drei Hauptakteure. Neben Huang hoffen eine Milliardärs-Familie aus Kuwait sowie eine Investorengruppe aus dem Mittleren Osten und Kanada unter Führung des Syrers Yahda Kirdi auf den Zuschlag. Seit Wochen wird darüber spekuliert, wer den 18-maligen englischen Meister übernehmen wird. Bis Ende August wird eine Entscheidung erwartet.
Die Fans werden den «Neuen» vermutlich mit offenen Armen empfangen, denn die derzeitigen US-Besitzer Tom Hicks und George Gillett Jr. sind extrem unbeliebt. Sie hatten den Club vor drei Jahren für rund 219 Millionen Pfund (262 Mill. Euro) gekauft. Das Duo hatte unter anderem versprochen, ein neues Stadion mit 60.000 Sitzen zu errichten. Im August 2008 musste der Bau jedoch gestoppt werden, weil das Geld ausging. Stattdessen häufte sich ein Schuldenberg im zweistelligen Millionenbereich an. Weil es immer mehr Streit mit dem Management und Unmut bei den Fans gab, entschlossen sich Hicks und Gillett zum Verkauf. Welche Summe sie sich vorstellen, ist bislang noch nicht durchgesickert.
Zwar ist der Einstieg Chinas derzeit noch Spekulation, «Times»-Autor Tony Evans jedoch meinte am Donnerstag, die Regierung aus dem Reich der Mitte könnte im Fall der Fälle zum Favoriten werden: «Das Geld aus dem Fernen Osten würde die Zukunft des Clubs garantieren, die Stabilität wiederherstellen und einen Sinn in das Chaos der letzten drei Jahre bringen.» Bei aller Freude über das Geld würden aber auch Sorgen mitschwingen, schrieb Evans und verwies auf Bedenken wegen der Menschenrechts-Situation in China.
Britta Gürke (dpa) - Bild: epa