Sebastian Vettel hüpfte total erleichtert auf das Siegerpodest und streckte den berühmten Vettel-Finger in den Nachthimmel von Sakhir. Nach einem echten Action-Krimi in der Formel 1 feierte der Ferrari-Star mit einer waghalsigen Reifenstrategie beim Großen Preis von Bahrain einen hauchdünnen Erfolg vor dem finnischen Mercedes-Piloten Valtteri Bottas.
Rosenwasser statt Schampus
Vettel rettete sich mit abgefahrenen Pneus und mickrigen 0,6 Sekunden Vorsprung ins Ziel. "Mamma mia", jubelte er via Boxenfunk, als das Feuerwerk den Himmel über Bahrain erleuchtete: "Grazie mille!" Unter Kontrolle habe er das Rennen nicht wirklich gehabt, räumte Vettel ein: "Es hat gerade so funktioniert. Valtteri sind am Ende die Runden ausgegangen." Ein Sieg unter solchen Bedingungen schmecke aber noch süßer, sagte Vettel nach der Feier mit Rosenwasser statt Schampus.
In der WM-Gesamtwertung baute Vettel mit seinem 49. Karriereerfolg im 200. Formel-1-Rennen sowie seinem vierten Sieg in Bahrain den Vorsprung auf Mercedes-Superstar Hamilton aus, der dank einer fahrerischen und taktischen Meisterleistung noch von Startplatz neun auf Rang drei fuhr. "Ich bin wirklich happy", meinte Hamilton. Der Brite kam zum 27. Mal nacheinander in die Punkte und stellte den Rekord von Kimi Räikkönen aus den Jahren 2012 und 2013 ein.
Der Finne schied nach einem Boxenstopp-Drama, bei dem ein Ferrari-Mechaniker verletzt wurde, aus. Vettel sorgte aber dafür, dass die Scuderia erstmals seit 14 Jahren wieder die beiden ersten Saisonrennen gewonnen hat - damals war es Michael Schumacher in Melbourne und Malaysia gelungen.
Vandoorne ließ den Kopf nicht hängen
Stoffel Vandoorne landete auf einem hervorragenden achten Platz. Dabei war das Rennen für ihn zunächst alles andere als gut verlaufen: Von Startplatz 14 fiel er in der ersten Kurve auf den letzten Platz zurück, wobei der Grund dafür nicht klar war.
Vandoorne ließ den Kopf nicht hängen und startete eine Aufholjagd. Sein McLaren-Teamgefährte Fernando Alonso war mit den Mediumreifen schneller, darum sattelte auch Vandoorne beim Boxenstopp um. So landete er am Ende auf Platz acht, gleich hinter Alonso.
Für Vettel verlief der Start wie erhofft, für Ferrari insgesamt schon weniger. Bottas schob sich zwischen den Deutschen und Räikkönen. Damit schränkte der Finne die taktischen Optionen des roten Duos sofort ein - Spannung war garantiert.
Weiter hinten musste sich Hamilton noch gedulden. In Runde eins kam sogar die Attacke von Max Verstappen. Er zog im Red Bull an Hamilton vorbei, raste dabei aber mit dem linken Hinterreifen über den Frontflügel des Mercedes - der Reifen war platt. Verstappen schleppte seinen Wagen noch in die Box.
Doppelausfall für Red Bull
Daniel Ricciardo schaffte nicht mal das. In Runde zwei stand sein Red Bull am Streckenrand. Das virtuelle Safety Car wurde aktiviert, kaum war die Phase vorbei, stellte auch Verstappen seinen Wagen ab. Ein Desaster für das Red-Bull-Team, das in diesem Jahr Mercedes und Ferrari ernsthaft attackieren wollte. Einen Doppelausfall beklagte das Team zuletzt 2010 in Südkorea.
Damit waren auch zwei Konkurrenten für Hamilton aus dem Rennen. Der 33 Jahre alte Brite wollte in seinem 100. Rennen für Mercedes Schadensbegrenzung betreiben. Neben einer mäßigen Leistung traf Hamilton vor allem die Strafe von fünf Startpositionen wegen eines unerlaubten Getriebewechsels.
Fernduell zwischen Vettel und Hamilton
Der Kampf der Vierfach-Weltmeister Vettel/Hamilton wurde erstmal zum Fernduell. Hamilton machte aber schnell mächtig Plätze gut, bei einem Manöver raste er gleich an drei Fahrern vorbei, darunter Hülkenberg, der am Ende Sechster wurde, und Fernando Alonso im McLaren. Gut 13 Sekunden betrug der Vorsprung Vettels, als Ferrari ihn nach 19 Runden von 57 zum Reifenwechsel als erster der Siegkandidaten in die Box rief.
Mit den gelb markierten, soften Reifen reihte sich Vettel dann hinter Hamilton wieder ein, der Brite war auf dieser Reifenmischung gestartet, Vettel auf der schnelleren, aber kürzer haltbaren. "Jetzt geht alles los, Lewis", funkte Mercedes an Hamilton und probierte danach die noch härteren Reifen am Wagen von Bottas. Das Rennen wurde zum mitreißenden Taktik-Thriller. Vettel hing kurz hinter Hamilton, kam dann aber vorbei, der Brite fuhr an die Box. Er bekam ebenfalls die weiß markierten Reifen, damit war klar: Mercedes setzte auf eine Einstopp-Strategie und den führenden Vettel damit gehörig unter Druck.
Boxenstopp-Drama um Räikkönen
Alles wartete auf den nächsten Stopp von Vettel. Würde er genug Vorsprung haben, um vor Hamilton wieder rauszukommen? Doch dann ereignete sich das rote Drama beim Stopp von Räikkönen. Der 38 Jahre alte Ex-Champion bekam die Rausfahrerlaubnis, obwohl noch nicht alle Räder gewechselt waren. Als Räikkönen losfuhr traf er mit seinem Wagen dann auch noch einen der Mechaniker, der verletzt liegenblieb.
Ferrari gingen durch den Ausfall Räikkönen weitere taktische Möglichkeiten aus. Vettel sollte auf Plan D schalten, wie der aussah, verriet, der Kommandostand öffentlich natürlich nicht. Vettel musste sein ganzes Können aufbieten, er wollte nun auf den weicheren Reifen durchfahren. Hinter ihm Bottas und Hamilton, der Brite war zu weit weg, Bottas näherte sich aber. Es kam zum Showdown in der letzten Runde, aber Vettel ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen.
dpa/sporza