Montagmorgen in der dritten und vierten Klasse der Gemeinsamen Schule Bütgenbach. Zeit für Experimente. Wieso können Wasserläufer übers Wasser flitzen und was hat die Oberflächenspannung damit zu tun? Spannend ist das. Doch am besten war das Wochenende, meint Kenzo: "Also wir haben den Fairplaypokal gewonnen, weil wir am fairsten gespielt haben."
Genau darum geht es - nicht nur beim Fußball. Sondern auch im Schulalltag - Fairness und gleiche Chancen für alle. Ob Kinder mit oder ohne Beeinträchtigung.
Svenja ist sehbehindert. Durch moderne Technik kann sie dem Unterricht folgen. "Also mit dem Gerät sehe ich besser. Als ich das noch nicht hatte, habe ich an der Tafel gar nicht gut gesehen. Und jetzt, wenn ich an der Tafel abschreiben will, mache ich die Kamera an und dann sehe ich das an der Tafel besser." Das Beste sei aber, dass sie neue Freunde gefunden habe.
Wenn es im Unterricht mal nicht so klappt, ist irgendwie immer jemand da. So auch die 10-jährige Stacy: "Ich helfe beim Lesen, beim Schreiben, beim Fehler verbessern und wenn sie einen Buchstaben nicht schreiben können, dann helfe ich."
Und natürlich auch die Lehrer. Zwei Stück sind es pro Klasse. Hinzu kommen Logopäden, Physiotherapeuten und anderes paramedizinisches Personal. Ganz nach skandinavischem Vorbild, wo Förder- und Regelschüler schon seit langem gemeinsam unterrichtet werden. 35 Jahre hat Jean-Marie Thomas als Grundschullehrer gearbeitet. Das neue Konzept wirft so einiges um: "Es ist etwas ganz anderes. Ich habe das, was ich vorher gemacht habe, praktisch weg legen müssen und bei Null anfangen müssen. Es stimmt, es war schon von der Arbeit her manchmal hart, aber ich habe auch viel zurück bekommen."
Unterstützung kommt von Förderlehrerin Mireille Boemer. Sie ist überzeugt: Durch das neue System lernen Förderschüler leichter und besser. Aber auch Regelschüler profitieren und gewinnen vor allem an sozialer Kompetenz. Anfängliche Ängste, dass das Niveau sinken könnte, teilt sie nicht: "Ich denke schon, dass verglichen wird. In der Schule sind sie soweit und haben das schon gemacht, in der anderen Schule sind sie noch nicht so weit, usw. Aber wenn es zu schnell geht, stoßen Kinder an einen Punkt, an dem es nicht mehr weiter geht, weil es zu schnell ging. Daher wollen wir lieber langsam mit kleinen Schritten voran gehen, um zum großen Erfolg zu kommen."
Insgesamt sind 22 Jungen und Mädchen aus dem ehemaligen Zentrum für Förderpädagogik aus Elsenborn in die neue Schule gekommen. 187 Schüler beleben nun die neue, gemeinsame Schule. Aus Sicht der Eltern ist das erste Jahr gut gelaufen. Auch wenn es nicht immer einfach ist, meint die Sprecherin des Elternrates Kathy Veithen: "Ich glaube, die ganze Organisation gerade für ein Kind mit Beeinträchtigung ist immer wieder eine Herausforderung. Das Kind muss immer wieder wegen Sondereinheiten wie Logopädie aus dem Unterricht herausgenommen werden und soll gleichzeitig nichts im Unterricht verpassen." Auch für die Lehrer sei es nicht immer einfach, weil sie sich zunächst als Lehrer-Team finden und immer wieder auf Stärken und Schwächen von Schülern eingehen müssten, sagt Veithen. "Ich glaube aber, die kriegen das hier ganz gut hin, wie ich das mitbekomme."
So ganz fertig ist eine Schule schließlich nie. Auch in Bütgenbach wird weiter gebaut. An den pädagogischen Konzepten, aber auch an der Schule an sich. Im Sommer dürften die Bauarbeiten beendet sein. Viel Neues also - doch die Kinder sehen es gelassen: "Die Schule ist neu ist, es sind neue Kinder da und wir haben einen neuen Schulhof. Aber sonst ist alles normal", sagt der 8-jährige Luca.
Simonne Doepgen - Bilder: BRF