Beginnend mit einer kurzen Vorgeschichte zum römischen Kaisertum führt die archäologische Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum durch das Leben Neros, seinen Aufstieg und seinen Niedergang. Die Kuratorin Dr. Korana Deppmeyer und ihre Kollegen wollen dabei den Blick auf bislang weniger bekannte Facetten dieses Herrschers lenken, der mit 16 Jahren zum Kaiser gekrönt wurde.
"Nero wurde schon kurz nach Antritt vom Volk enorm geliebt. Er hat es wie kein Zweiter verstanden, für das zu sorgen, was sich das Volk wünscht. Er hat für das Volk gebaut und Spiele veranstaltet. Das alles in einer Opulenz, die vorher noch nicht da war", sagt Korana Deppmeyer.
Bislang kannte man Nero vor allem als dümmlichen Künstlerkaiser, der sich über den Brand von Rom freute und nicht in der Lage war zu regieren. Heute gibt es laut Korana Deppmeyer andere Erkenntnisse.
"Er hat Stadt nicht angezündet. Soviel können wir fast mit Sicherheit behaupten. Keine Schriftquellen belegen den Vorwurf sicher. Im Gegenteil: Nero hat sich um den Wiederaufbau bemüht. Er hat den obdachlos gewordenen Menschen Unterkunft geboten, er hat kostenlos Getreide verteilen und Schutt abtransportieren lassen."
Domus Aurea
Das facettenreiche Bild Neros wird in 14 Ausstellungsräumen entworfen, die alle unterschiedlich gestaltet sind. Besonders eindrucksvoll ist die Nachbildung des Oktogons aus Neros goldenem Palast Domus Aurea – mit Marmorplatten und einer drehenden Kuppel.
"Die Domus Aurea war ein riesiges Areal und nur ein kleiner Teil war Wohnhaus. Die Objekte, die wir hier ausgestellt haben, stammen alle aus der Domus Aurea. Es sind architektonische Reste, Wandmalereien oder die Statue einer Muse", so die Kuratorin.
Insgesamt 430 Objekte aus 16 Ländern wurden für die Ausstellung zusammengetragen. Die Leihgaben kommen aus 94 Museen, darunter der Louvre in Paris oder die Kapitolinischen Museen in Rom.
Ein eigener Raum ist Nero als Künstler gewidmet. Seine Liebe zur Musik und zur darstellenden Kunst lässt sich in vielen Ausstellungsstücken finden.
Nero und die Christenverfolgung
Während das Landesmuseum Neros Leben illustriert, geht das Museum am Dom einer anderen Frage nach: War Nero wirklich der brutale Christenverfolger? Auch hier wird ein differenziertes Bild des Kaisers gezeigt, erklärt Direktor Markus Groß-Morgen: "Es geht auch darum, Nero in die Reihe der anderen Christenverfolger zu stellen und ihn damit zu relativieren. Oder auch zu zeigen, worin seine Rolle bestand, wenn man sieht, dass Valerian oder Diokletian weitaus mehr Christen hinrichten ließen."
Auf 500 Quadratmetern zeigt das Dommuseum 130 Exponate. Keine rein historische Schau will die Ausstellung im Dommuseum sein, sondern auch zum Blick auf die aktuelle Situation anregen. "Dass, was damals passiert ist, dass sich eine Religionsgemeinschaft in einem fremden Umfeld bewegt hat, wie es da zum Konflikt kam, das ist eine Situation, die es auch heute in vielen Ländern der Welt gibt", sagt Markus Groß-Morgen.
Nero in der Kunst
Einen ganz anderen Blick auf Nero wirft die dritte Ausstellung der Trierer Trilogie im Stadtmuseum Simeonstift: Lust und Verbrechen - der Mythos Nero in der Kunst - auch in der Populärkunst: Allein 60 Spielfilme machten den römischen Kaiser zum Protagonisten – angefangen mit der Verfilmung des Opus "Quo vadis".
Warum die Figur Neros Künstler zu allen Zeiten fasziniert hat, erklärt Kathrin Schug vom Stadtmuseum: "Das sind die Skandale, das sind die Abgründe, das ist aber auch das Schillernde dieser Figur. Dieser junge Mensch, der von seiner Mutter in die Kaiserrolle gedrängt wurde. Nero, der eigentlich Künstler sein wollte, der das auch mehr und mehr ausgelebt hat, das sind alles Themen, wo es um Freiheit, um Selbstbestimmung geht. Und natürlich auch die Taten, die Morde an seinen Frauen, der erzwungene Selbstmord seines Lehrers Seneca, die Kastration eines Sklaven - es sind solche Themen, die Tabubrüche waren - natürlich auch der ultimative Tabubruch des Muttermordes."
Vom Mittelalter bis in die Gegenwart haben sich Künstler mit Nero auseinandergesetzt und unterschiedliche Bilder entworfen. "Das Mittelalter hat Nero dämonisiert, bis hin zum Antichristen. Die Renaissance hat in ihrer Antikenbegeisterung versucht, ein authentischeres Nero-Bild zu schaffen. Die Barockmalerei hat die psychologischen Abgründe entdeckt", sagt Kathrin Schug.
Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann – die vielen Facetten der Ausstellungs-Trilogie in Trier fordern den Besucher auf, sich selbst ein differenziertes Bild von dem römischen Kaiser zu machen.
Noch bis zum 16. Oktober gibt es Gelegenheit dazu.
Michaela Brück