Ein Industriekapitän der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Der gebürtige Aachener aus jüdisch-preußischem Haus Robert Wetzlar. Er wird Teilhaber der Tuchfabrik Peters und heiratet in die Familie ein, ist Lobbyist und Triebfeder für den Bau einer überregionalen Kammgarnspinnerei, engagiert sich gesellschaftlich und denkt modern: für Mädchen ist nicht nur die Haushaltungsschule, sondern auch die kaufmännische Fachschule zugänglich.
Sport und Entspannung für Werktätige
Und für die Werktätigen will er Sport und Entspannung. Krieg und Staatenwechsel: Mit dem Stiftungsgeld entsteht eine Schwimm- und Badeanstalt. Ein elegantes Bad, zeitlos schön. Das Wasser kommt aus dem Wald, bei Bedarf wird erneuert, der Sprungturm ist hoch. Ihn nutzen die Nazis wohl für ihre Zwecke - dem Stifter rauben sie den Namen. Das Bad erhält ihn zurück.
Die einstige Runderneuerung kommt rund dreißig Jahre später, zeitgemäß mit Heizung und Filteranlage. Vor allem an heißen Sommertagen ein wahrer Anziehungspunkt, der Eindruck verstellt den Blick auf einen Unterhalt, der nur halbherzig erfolgt, es zeigen sich Folgen.
2007 funktioniert die Filteranlage nicht mehr ordnungsgemäß. Die Wasserwerte seien immer schlechter geworden, so der damalige Betreiber Christian Degavre. Es ist die Zeit der Spaß- und Wellnessbädern, auch Eupen denkt in diese Richtung. Zeit vergeht - auch für den Denkmalschutz.
"Uns war ja bekannt, dass es keinen politischen Willen dafür gab, dieses Wetzlarbad unter Schutz zu stellen. Das ist aus unserer Sicht bedauerlich, aber man muss natürlich auch immer die Interessen der Bevölkerung gegenseitig abwägen", erklärte Rudolf Kremer, Vorsitzender der Denkmalschutzkommission, im Jahr 2013.
"Das ganze lief ohne besondere Unkosten"
Bürgerprotest bleibt folgenlos. Einzelkämpfer resignieren und wären auch mit weniger warmem Wasser zufrieden. "Früher als ich klein war, da war das Wetzlarbad ohne Heizung und das Wasser kam aus der Hill. Das ganze lief ohne besondere Unkosten. Es war sogar ein solarbeheiztes System mit Springbrunnen. Das Wasser war zwar einigermaßen kalt, aber es geschah alles ohne Unkosten. Und jetzt haben die irgendwo ein Loch drin, das die nicht finden - das versteh ich nicht", erklärte der Wetzlarbadfan Walter Van Biesen 2013.
Derweil stießen die Bauherrren auf immer neue Probleme. "Es kam eine zusätzliche Auflage der Urbanismus-Behörde, ganz speziell des Ministeriums für nicht-schiffbare Flüsse, die uns mitteilten, dass es sich hier um ein Überschwemmungsgebiet handelt. Bei Nachfrage hat sich dann heraus gestellt, dass man uns zur Auflage macht, noch ein Regenwasserauffangbecken mit einer Kapazität von 250.000 Litern einzuplanen", erklärte 2014 der zuständige Schöffe Werner Baumgarten.
Kommunalpolitisch gab es obendrein Streit um Größe und Wassertiefe - klar war nur: Von der historischen Eleganz wird nichts übernommen.
Frederik Schunck
Der Abriss ist und bleibt ein Armutszeugnis! Wenig / kein Bewusstsein der Verantwortlichen für erhaltenswerte Bauten - leider gibt es dafür genug Beispiele in Eupen! So geht die Seele einer Stadt verloren!
Unwiederbringlich! So ist das leider!
Ganz Ihrer Meinung, vielen Dank,Frau Müllender
Und ein Kastenbau mehr. Traurig und sogar gesundheitsschädlich, da diese Lego-Architektur die menschliche Wahrnehmung vergewaltigt. Sign of the times, wie es so schön heißt, die Dinge spriessen wie Krokusse aus dem Boden. Ach ja, "internationaler Stil"...
Schöne Erinnerungen bleiben.
Beim betrachten der Bilder von den Abrissarbeiten kommt auch bei mir viel Wehmut auf. Die vielen Stunden an schönen,wie auch an trüben oder regnerischen Tagen im kühlen Nass bleiben bleiben in bester Erinnerung.
Sei es wenn die "Bude" voll von Gästen war und Kinder und Jugendliche entweder auf der Liegeweise oder im Wasser fröhlich lärmend ihren Spaß hatten oder wenn beim Morgenschwimmen bereits lauthals über die neuesten Stadtgespräche debatiert wurde. Der Charme des alten Wetzlarbades ist zwar für immer verloren, doch vielleicht werden wir für die "verlorenen" Jahre mit "Neuem" positiv überrascht!