Der Prozess um einen der spektakulärsten Gefängnisausbrüche Deutschlands hat am Donnerstag mit einem Geständnis begonnen. Der Schwerkriminelle Peter Paul Michalski (47) erklärte vor dem Aachener Landgericht: «Die mir vorgeworfenen Taten räume ich im Kern ein.» Der andere Ausbrecher Michael Heckhoff (51) schwieg.
Michalski und Heckhoff waren vor einem halben Jahr scheinbar kinderleicht aus dem schwer gesicherten Aachener Gefängnis geflüchtet. Fünf Tage lang hielten die bewaffneten Verbrecher ganz Deutschland in Atem und nahmen sieben Geiseln. Angeklagt ist auch ein Aachener Vollzugsbeamter, der den Männern geholfen haben soll - er schwieg zunächst ebenfalls.
Hoffnungslos kriminell
Die Aachener Staatsanwaltschaft hält die beiden Ausbrecher für hoffnungslos kriminell. Sie neigten zu «schwersten Straftaten», sagte Oberstaatsanwalt Alexander Geimer. Diese Neigung habe den Charakter «nicht mehr behandelbarer Verhaltensmuster». Die Anordnung einer weiteren Sicherungsverwahrung sei deshalb angebracht.
Heckhoff und Michalski wird schwere räuberische Erpressung, erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme vorgeworfen. Sie sind zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt und haben einen Großteil ihres Lebens in Gefängnissen verbracht.
Vor Gericht wirkten sie am Donnerstag denkbar unterschiedlich: Der hagere Michalski, ein verurteilter Mörder, machte einen ernsten Eindruck. Heckhoff, der unter anderem wegen Geiselnahme ins Gefängnis kam, zeigte sich kommunikativ und aufgeräumt.
Der dritte im Bunde
Der dritte im Bunde ist laut Anklage ein 40-jähriger Vollzugsbeamter - ein eher jungenhaft wirkender untersetzter Mann. Für seine Dienste sollte er einen dicken Batzen aus der Beute anstehender Banküberfälle bekommen. Der Beamte habe den Schwerkriminellen die Türen in die Freiheit aufgeschlossen, sagte Geimer. Dort habe er ihnen die Waffen aus dem Tresor und Munition gegeben.
Noch vor Verlesung der Anklageschrift forderte ein Verteidiger des mitangeklagten Vollzugsbeamten die Einstellung des Verfahrens gegen seinen Mandanten. Der Mann, so der Anwalt, sei in den Medien mit Hilfe der Aachener Staatsanwaltschaft vorverurteilt worden. Dadurch werde eine objektive Urteilsfindung unmöglich gemacht. Oberstaatsanwalt Geimer wies die Vorwürfe energisch zurück.
Die Flucht
Nach dem Ausbruch springt das ungleiche Gangsterpaar in ein zufällig haltendes Taxi und hält dem ahnungslosen Fahrer nach der Pinkelpause an der Autobahn die scharfen Waffen vor. Michalski übernimmt das Steuer. Zwischendurch bestellen sie ein neues Taxi, fahren zu Viert weiter. Brav bezahlen sie den Fahrpreis von 59,40 Euro mit geklautem Geld vom ersten Fahrer. In Köln halten sie einer Schülerin die scharfe Waffe vor die Nase, fahren mit «der völlig verängstigten» jungen Frau (19) in deren Auto nach Essen, lassen sie frei.
Während in NRW eine der größten Polizeifahndungen läuft, machen es sich die Gangster bei einem willkürlich ausgewählten Ehepaar in Essen-Kettwig gemütlich: Neun Stunden lang, immer die Opfer im Auge und die Waffen im Hosenbund. «Sie wissen ja, wer ich bin, wenn Sie sich ruhig verhalten, passiert Ihnen nichts», sagt Michalski. Am Abend dann Fahrt mit den Opfern nach Mülheim. Heckhoff wird gefasst. Michalski drängt sich in die Wohnung irgendeines Paares, die er schnell wieder verlässt, weil die Frau panisch schreit. Michalski wird zwei Tage später am Niederrhein gefasst.
Der Prozess ist auf 17 Tage terminiert, 45 Zeugen sind geladen.
DPA/AZ/BRF -Bild: epa