Der Rotmilan fühlt sich besonders im Süden der Deutschsprachigen Gemeinschaft heimisch. Von November bis Februar ziehen die Greifvögel ins Winterquartier nach Spanien. Dorthin ist ihnen nun eine Arbeitsgruppe nachgereist, um die Jagdgebiete und Schlafplätze der Rotmilane in Augenschein zu nehmen und so Rückschlüsse zu ziehen auf ihr Verhalten.
Von Ostbelgien führen fünf leicht abweichende Routen in den Nordwesten Spaniens - die Reisewege der farblich gekennzeichneten Rotmilane aus St. Vith, Born, Wallerode, Iveldingen und Amel. "Die Rotmilane brauchen so etwa zehn bis 14 Tage für die Reise in den Nordwesten Spaniens. Interessant ist, dass sie ungefähr die gleiche Route nehmen wie letztes Jahr, und auch den gleichen Übergang über die Berge in den Pyrenäen", erklärt Sonja Lampertz aus Deidenberg.
Dass sich die Zugrouten so genau nachvollziehen lassen und auch die Bewegung der Vögel vor Ort (ob in Spanien oder in Ostbelgien) liegt daran, dass die fünf mit Sendern ausgestattet wurden. Im Mai 2014 wurden Rotmilane eingefangen und mit GPS-Sendern ausgerüstet, die täglich Daten liefern.
"Wir können aber auch im Minutentakt jede Position ermitteln, und das gibt natürlich jede Menge Daten, die analysiert werden wollen und auch werden sollten", erklärt Gerhard Reuter von Aves-Ostkantone. "Die Zielsetzung ist natürlich: Wie reagiert der Rotmilan auf landwirtschaftliche Aktivitäten, wo hat er seine vorgezogenen Jadggebiete, wo findet er Nahrung?"
Diesen Fragen ist die Arbeitsgruppe um Sonja Lampertz bei ihrer Kurzreise nun auf den Grund gegangen: "Die Landschaft im Nordwesten Spaniens ist ähnlich wie bei uns: eine offene Landschaft. Die Rotmilane ernähren sich dort von Jagdabfällen, wie zum Beispiel bei der intensiven Rebhuhnjagd, aber auch von Schlachtabfällen und Komposthaufen, aber auch von Würmern und Käfern." Beobachten konnten die Vogelschützer zum Beispiel, wie eine größere Zahl von Rotmilanen die Fütterung der freilaufenden Schweine abwartete.
Und auch sonst führte die Expedition zu aufschlussreichen Erkenntnissen. "Wir haben vor allem die Schlafplätze und auch die Jagdgebiete aufgesucht - um zu schauen, wie es dort aussieht, um mit den Menschen zu sprechen, um Gewölle zu suchen und auch um die Rotmilane an ihren Schlafplätzen zu zählen. Und es war sehr beeindruckend, denn wir konnten an den Schlafplätzen bis zu 200 Rotmilane beobachten", erklärt Lampertz. So gesellig sind die Rotmilane nur, wenn sie fortgezogen sind, denn in Ostbelgien zeigen die Tiere ein ausgeprägtes Territorialverhalten.
Die Rotmilanpopulation in Ostbelgien ist im europäischen Vergleich besonders stark. Das Forschungsprojekt soll helfen, diesen Umstand zu erklären und die anmutigen Greifvögel zu schützen. "Es scheint so, dass die Landwirtschaft wirklich gute Voraussetzungen schafft für das Überleben oder für das Durchkommen der Rotmilanpopulation in Ostbelgien", erklärt Reuter.
"Zielsetzung ist natürlich auch, Antworten in Bezug auf Windkraftanlagen zu finden. Es ist bekannt, dass gerade der Rotmilan stark durch Windkraftanlagen beeinträchtigt werden kann. Wie sieht die Lage bei uns in Ostbelgien aus? Das sind alles Fragen, die mit diesem Projekt mit dem Namen AVEOL verbunden sind."
Über das Winterquartier der Rotmilane und über andere Themen informiert Aves-Ostkantone Mittwochabend um 19 Uhr beim Monatstreff im Vereinsheim in Elsenborn.
sp/km - Bilder: Stephan Pesch/BRF - Stef Van Rijn, Vinciane Schockert, Sonja Lampertz, Jean-Yves Paquet/Aves-Ostkantone