Die diesjährige Bauerntagung in Wiesenbach hat im Zeichen der anhaltend schweren Krise in der Landwirtschaft gestanden. Die Milchpreise sind im Keller, der Weltmarkt ist aus dem Gleichgewicht, die Kosten steigen und die Arbeit wird nicht weniger. Und zu allem Überfluss müssen die Bauern dann noch Negativschlagzeilen lesen, in denen ihnen, wie sie sagen, der "Schwarze Peter" zugeschoben wird, wenn es um die Umwelt geht.
Im Podiumsgespräch verschafften sich Martin Schröder, Jean-Marie Kerren, Leo Mertes und Michael Hennes stellvertretend für die anderen Landwirte mal Luft - ganz sachlich, aber bestimmt. Denn auch wenn alle vier ihren Beruf lieben, machen sie sich Sorgen angesichts des fortschreitenden Höfesterbens: Jeder zweite Betriebsleiter in Ostbelgien ist älter als 50 Jahre. Viele finden keinen Nachfolger.
Der Vorsitzende des Bauernbundes, Piet Vanthemsche, ermutigte die Landwirte, "den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern auch nach neuen Wegen zu suchen". Neben der Biolandwirtschaft nannte er als Beispiel die guten Erfahrungen mit Weidemilch. Ostbelgien biete einen Trumpf mit der naturnahen Erzeugung der Milch.
Zwar hat sich Belgien auf europäischer Ebene nicht mit der Forderung durchsetzen können, den Interventionspreis an die Kosten anzupassen. Doch hat die Wallonische Region neben einer Reihe von weiteren Maßnahmen die kurzfristigen Direktbeihilfen der Europäischen Union verdoppelt. Und seitens des Bauernbundes verweist Piet Vanthemsche auf den einmaligen Zuschlag, der in den sogenannten "Kettenverhandlungen" mit dem Einzelhandelsverband Comeos erreicht wurde.
TTIP
Doch waren die Skepsis und Zurückhaltung der Bauern angesichts unwägbarer Entwicklungen auf dem Weltmarkt auch in Wiesenbach zu spüren. Aus Sicht des Bauernbundes hält Piet Vanthemsche aber nichts davon, Freihandelsabkommen wie TTIP von vorneherein in Bausch und Bogen zu verdammen.
"Wir müssen das Resultat der Verhandlungen abwarten. Und wir müssen deutlich machen, dass wir nicht akzeptieren werden, dass unsere Produzenten in eine unfaire Konkurrenzsituation mit amerikanischen Produzenten kommen", so Vanthemsche. Als exportorientierter Sektor könne sich die belgische Landwirtschaft aber auch nicht möglichen neuen Absatzmärkten verschließen, meint Vanthemsche.
Nach acht Jahren an der Spitze des Bauernbundes gibt Piet Vanthemsche den Vorsitz zum 1. Dezember ab. Seine Nachfolgerin wird Sonja De Becker. Sie arbeitet seit vielen Jahren für den Bauerbund und ist die erste Frau an der Spitze des Berufsverbandes, der sein 125-jähriges Bestehen feiert.
Geiben: Trotz Krise positiv denken
"Diese Tagung hat den Landwirten mitgegeben, dass man trotz Krise positiv denken soll. Junglandwirte sollten sich nicht abschrecken lassen. Es wird auch wieder besser werden. Die Wallonische Region hat gezeigt, welche Gelder noch in Aussicht sind und wo noch Kosten gesenkt werden können. Wir versuchen auch vom Bauernbund, jeden Betrieb bestmöglich aus der Krise heraus zu bekommen."
Raymond Geiben, Präsident des Verbandes der deutschsprachigen Landwirte

Text und Fotos: Stephan Pesch/BRF