Die Flüchtlingswelle hält Europa in Atem. Jeden Tag müssen neue Lösungen für neue Probleme gefunden werden. Eine Zerreißprobe für die Behörden, aber auch für die Europäer selbst, denn auch sie müssen lernen, mit der großen Menge Schutzsuchender zusammen zu leben. Doch wo anfangs noch tausende Freiwillige an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen Essen austeilten und mehr Kleider spendeten, als das Rote Kreuz sortieren konnte, scheint die Solidarität mittlerweile langsam abzuklingen. Dass das auch anders geht, zeigt eine Initiative aus Schleiden. Bei der Flüchtlingshilfe Regenbogen engagieren sich seit ein paar Monaten Ehrenamtliche für Flüchtlinge. Das Besondere: Hier sind es nicht nur die Einheimischen, die die Projekte begleiten, sondern auch die Flüchtlinge selbst, die sich für ihre Landsmänner engagieren.
Für Marlene Rapolder und ihren Mann ist die Flüchtlingshilfe mittlerweile zum Vollzeitjob geworden. Sie haben im Zentrum von Schleiden ein Haus gekauft - aus Eigenmitteln, denn Hilfen von Stadt oder Staat bekommt die Initiative im Moment noch nicht. Deshalb ist aus dem interkulturellen Treffpunkt mittlerweile auch ein kleiner Shop geworden. Verkauft werden Sachspenden, die von den Mitgliedern des Vereins neu aufgemacht wurden. So kommt ein bisschen Geld in die Kasse, um andere Projekte zu finanzieren.
Hauptanliegen der Flüchtlingshelfer ist die Beratung und Unterstützung von Neuankömmlingen. Dazu bilden sie andere Zuwanderer zu Coaches aus, die ihren Landsmännern Erklärungen zum Asylverfahren in ihrer Muttersprache geben. Die Coaches begleiten die Neuankömmlinge auch bei Alltagsbesorgungen oder Behördengängen und fungieren als Übersetzer. Das Angebot wird gerne und oft angenommen, denn immer wieder gibt es Fälle, bei denen die Neuankömmlinge im Dschungel aus Anträgen, Formularen und Neuregelungen ohne Hilfe völlig aufgeschmissen wären.
Neben der Beratung bietet der Verein auch eine internationale Krabbelgruppe und Sprachkurse an. Deutsch zu lernen, ist für viele der erste Schritt zu einer erfolgreichen Integration. Und auch hier sind Ehrenamtliche mehrere Male die Woche im Einsatz.
Dank dem großen Einsatz der rund zehn Vereinsmitglieder sind die Flüchtlinge in Schleiden mittlerweile gut akzeptiert. Rassismus sei hier kein Problem, erklärt Marlene Rapolder. Das merke man immer wieder bei Kontakten mit der Bevölkerung.
Doch es ist nicht alles rosig in der Flüchtlingshilfe. Sei es die fehlende finanzielle Unterstützung, die Herangehensweise der zuständigen Behörden oder die Steine, die den ehrenamtlichen Helfern oft in den Weg gelegt werden. So haben in einer Flüchtlingsunterkunft ein Dorf weiter alle Mitglieder des Vereins Hausverbot. Warum? Das weiß niemand so genau, denn auch auf Nachfrage des Vereins wollte die Verwaltung der Einrichtung keine Gründe nennen.
Solange es aber von Stadt und Staat keine Unterstützung gibt, machen die Helfer in Schleiden auf eigene Faust weiter. Sie werden Geburtshelfer, Ansprechpartner und Ersatzfamilie für die, die anderswo keine Heimat mehr haben.
Text und Bilder: Anne Kelleter