Vor ungefähr einem Jahr hat alles angefangen. Damals noch mit einer Handvoll Leuten im Wohnzimmer von Magomed Bakhanov, eines in Kelmis wohnhaften Tschetschenen. Mittlerweile trifft man sich einmal monatlich im Ephata und das mit bis zu 100 Personen. Ins Leben gerufen wurden die Treffen von der ASBL Vaynakh, dem tschetschenischen Kulturzentrum.
Alle sind willkommen und von Bosniern über Pakistani bis hin zu Belgiern wird die Einladung von sämtlichen Nationalitäten angenommen."Das ist nicht nur für Muslime, das ist für alle Leute, die wissen wollen, was der Islam überhaupt ist, was die Ideologie vom richtigen Islam ist", erklärt Issa Gamboulatov, Präsident der ASBL Vaynakh.
Unterstützung bekommen die Eupener Tschetschenen von dem studierten Theologen und Islamspezialisten Dzhamirz Umachanov, der im flämischen St. Niklaas wohnt. "Er war von vielen Kandidaten der beste. Er arbeitet, er kennt die Sprache, er ist gut integriert, usw. - das war für uns sehr wichtig", erklärt Gamboulatov. Auch sein Onkel, Valit Kuruev, ein Vize-Mufti, der in Tschetschenien lebt, hilft, wenn er zu Besuch in Eupen ist.
Die Jugend liegt den Veranstaltern besonders am Herzen. "Wenn wir hören, dass junge Männer von Europa in den Krieg ziehen, dann macht uns das enorm große Sorgen", so Gamboulatov. Das Durchschnittsalter der jungen Männer, die von der Terrororganisation Islamischer Staat rekrutiert werden, liegt zwischen 18 und 25 Jahren. Ansonsten gibt es keine festen Parameter. Die jungen Männer kommen aus den unterschiedlichsten Schichten.
Hier muss Aufklärungsarbeit betrieben werden, bevor es zu spät ist und die Jugendlichen sich von der Propaganda des IS blenden lassen. Rund die Hälfte der Zeit bei den Treffen wird deshalb darin investiert, die Jugendlichen über die Gefahren des sogenannten Islamischen Staates aufzuklären. "Die Prediger, die diesen Weg propagieren, sagen, dass das der schnellste Weg ins Paradies wäre. Aber wenn du ins Paradies willst, musst du ein ganzes Leben nur Gutes tun. Die Jugendlichen verlieren schnell die Orientierung. Der Prophet hat ganz deutlich gesagt, dass wenn ein Mensch einen anderen Menschen tötet, dann kommt er nicht ins Paradies, sondern sofort in die Hölle", erklärt Gamboulatov.
Den Tschetschenen ist es wichtig, die Jugend auf den richtigen Weg zu führen. "Wir sind in ein fremdes Land gekommen und die Menschen in Europa haben uns gut aufgenommen. Wir müssen als dankbare Menschen gute Sachen zurückgeben, arbeiten und ein vernünftiges Leben hier aufbauen. Und wenn wir sehen, dass hier jemand kriminelle Sachen macht, dann versuchen wir das zu blockieren und zu erklären, dass man das nicht machen darf."
Dass gerade den Tschetschenen die Arbeit in diesem Bereich so am Herzen liegt, hat einen einfachen Grund. Die Motivation der Männer liegt in der Geschichte ihres Herkunftslandes, in dem sie einschlägige Erfahrungen mit Terror und Gewalt machen mussten. Erst 2005 endete in dem Land der Krieg.
Text und Bild: Melanie Ganser