Unter den Flüchtlingen, die nach Belgien kommen, sind immer mehr Minderjährige, die vor oder auch während der Flucht von ihren Eltern getrennt wurden und ganz alleine auf sich gestellt sind. Für sie wird jetzt erstmals ein eigenes Empfangszentrum eingerichtet. In Ligneuville sollen ab Mitte Oktober 40 unbegleitete minderjährige Jugendliche in dem früheren Hotel George unterkommen. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan, dem Irak, Syrien, Somalia oder Guinea.
Die Asylbehörde Fedasil hat das Rote Kreuz mit der Leitung des Zentrums beauftragt. Die minderjährigen Flüchtlinge werden von einem 17-köpfigen Team betreut - rund um die Uhr sieben Tage die Woche. Jeder Jugendliche erhält einen persönlichen Betreuer. "Das Team besteht aus Fachkräften, die für die Betreuung minderjähriger Flüchtlinge ausgebildet sind. Sie werden sie im Alltag begleiten und für jeden Einzelnen einen Betreuungsplan ausarbeiten. Daneben gibt es natürlich auch einen Verwaltungsdienst, soziale und medizinische Dienste sowie eine Nachtschicht", erklärt die künftige Direktorin, Patricia Perrin.
Paten gesucht
Neben der professionellen Betreuung möchte Patricia Perrin auch freiwillige Patenschaften für die jungen Flüchtlinge anregen. Das Konzept soll zusammen mit Ehrenamtlichen ausgearbeitet werden. "Dieser Pate wäre ein Ansprechpartner, der Ratschläge gibt, bei den Hausaufgaben hilft und die Flüchtlinge in das belgische Alltagsleben einführt. Der Pate könnte den Jugendlichen zum Beispiel zum Arzt begleiten oder ihm helfen, die belgischen Einrichtungen und Organisationen kennenzulernen."
Am vergangenen Mittwoch hat das Rote Kreuz zu einer Informationsveranstaltung nach Ligneuville eingeladen. 150 Bürger waren gekommen, um Näheres über das neue Flüchtlingszentrum zu erfahren. Nach vielen Fragen und auch einigen Befürchtungen, was das Zusammenleben in dem 500-Einwohner-Dorf betrifft, gab es am Ende aber vor allem positive Reaktionen und Zustimmung zu dem Projekt, wie Patricia Perrin erfreut feststellt.
"Vor allem war ich sehr berührt von den vielen Freiwilligen in Ligneuville, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. Rund 40 Menschen haben ihre Hilfe angeboten, ob es nun Französischunterricht war oder Kleiderspenden. Das war sehr positiv." Patricia Perrin ist optimistisch, dass die Integration der jungen Flüchtlinge in das Dorf funktionieren wird. Dabei zählt sie vor allem auf die Unterstützung der Schulen, Vereine und Sozialorganisationen. Die ersten Flüchtlinge sollen am 15. Oktober in Ligneuville eintreffen.
Michaela Brück