Die Kongolesin Sophie hat vor ihrem gewalttätigen Mann Zuflucht gesucht – bei Freunden in Ostbelgien. Wohl durchdacht und gut geplant war ihre Abreise aus Italien, wo sie bis November vergangenen Jahres mit ihren beiden Kindern lebte. "Wir haben uns vorher erkundigt. Was braucht man für Belgien? Man hat mir eine Liste gegeben: Führungszeugnis, Reisepass, elektronische Aufenthaltskarte der EU, ärztliches Attest. Einen Monat habe ich gebraucht, um alle Papiere zu besorgen", erklärte Sophie. Mit den erforderlichen Papieren kam sie nach Belgien, mietete eine Wohnung in Welkenraedt und ging davon aus, alles Erforderliche getan zu haben.
Jetzt stellt sich heraus, dass sie vom Meldeamt falsch informiert wurde: "Man hatte mir gesagt: keine Sorge, wir kümmern uns um ihre Ummeldung. Sie können hier arbeiten und hätten sogar Anrecht auf Sozialhilfe. Als ich meine Papiere abholen wollte, sagte die Beamtin: "Nein, es ist doch nicht mehr so, wie ich dachte. Sie müssen zuerst eine Arbeit haben – und zwar in der Privatwirtschaft, dort wo Arbeitskräftemangel herrscht."" Zwar wird die ausgebildete Pflegehelferin auf dem Arbeitsmarkt gebraucht, doch vorerst darf sie nicht in ihrem Beruf arbeiten und Sozialhilfe bekommt sie auch nicht. "Durch Zeitarbeitsfirmen hatte ich bereits Arbeit gefunden. Doch weil ich keine Nationalnummer habe, hat man mich nicht genommen. Ich bin Pflegehelferin und muss auf die Anerkennung meines italienischen Diploms durch das Gesundheitsministerium warten, was nicht so einfach geht. Jetzt sagt man mir, dass ich einen zusätzlichen Kurs von 120 Stunden machen muss. Sie wollen mein Diplom nur teilweise anerkennen. Solange ich nicht die INAMI-Zulassung habe, kann ich nicht arbeiten."
Für Sophie wird das zunehmend zum Problem. Sie muss alleine für sich und ihre beiden Kinder sorgen, die in Eupen zur Schule gehen. Die Ersparnisse sind während der Monate des Wartens aufgebraucht worden - für Miete, Lebensunterhalt und administrative Kosten. Wider Erwarten befindet sie sich jetzt in einer illegalen Situation und weiß nicht weiter: "Jetzt sagen sie, mir drohen Schwierigkeiten mit der Polizei. Warum hat man mir nicht vorher die Problematik erklärt. Dann wäre ich nicht hierher gekommen. Ich habe sogar mit dem Bürgermeister gesprochen. Er sagte, man hat ihnen falsche Informationen gegeben. Die Gesetzeslage hat sich geändert. Die Beamtin war nicht auf dem Laufenden. Was macht sie also am Schalter? Aufgrund ihrer Informationen bin ich doch hergekommen. Ich bin moralisch am Ende."
Die Zeit drängt. Man hat Sophie eine Frist von sechs Monaten gesetzt, um ihre Situation zu regeln. Die ist nun abgelaufen. "Bei der Gemeinde hieß es, ich könne zum ÖSHZ gehen. Dort werde man dafür sorgen, dass ich nach Italien zurückkehren könne. Ich bekomme keine Unterstützung, soll aber jetzt beim ÖSHZ die Rückkehr nach Italien beantragen … Wo soll ich denn dort schlafen? Am Bahnhof? Hier habe ich eine Wohnung, meine Kinder gehen hier zur Schule. Sie sind bereits integriert."
Sophie hat sich eine Anwältin genommen, weil sie nicht mehr weiter wusste. Diese hat allerdings das Handtuch geworfen: Sophie müsse erst einmal eine Arbeit finden.
Michaela Brück