Wir sind in (Volksab)Stimmung: Fünf Kommentare

Kommentar Nr. 1 entspringt der einfachen Seele. Eine ehrliche Meinung, die man am einfachsten an der Theke aufschnappt. Denn dort weiß man nach dem vierten Bier ohnehin am Besten, wo man das Fahren besser sein lässt.

"Nä, nä, nä. Wat ene Keuj. Ich frach mich, warum ich überhaupt wählen jehen soll. Dat bringt doch nix. Die Politiker machen doch eh wat se wollen. Wat haben se uns nich alles versprochen. Fünf Jahre mal keine Wahl. Von wejen Mutter aller Wahlen. Alles gelooogen. Und weißte wat: Wer is am Ende dr Dumme? Genau! Dr kleine Mann auf der Straße. Enfin. Der kleine Mann in seinem Auto, dä viel zu weit parken muss. Da kann ich auch nach Aachen fahren. Aber für en Brötchen: Wer macht dat denn? Aber wenn dat so weiter jeht wa, wie wollen de Geschäftsleut ihre Brötchen noch verdienen können? Ich sach et dich. Eupen is TOT!"

Kommentar Nr. 2: Hier spricht der Soziologe mit der richtigen Herkunft. Wenn der Eupener mal ehrlich ist – und zwar zu sich selbst – dann ist ganz klar, dass die Lösung für all seine Wünsche ganz einfach ist.

"Der Eupener Marktplatz - und damit das Herz und Hirn der Stadt Eupen - wurde nur aus einem Grund gebaut. Dafür, dass man ihn mit dem frisch geputzten Wagen umrundet. Dabei geht es aber nicht nur um die Zurschaustellung der eigenen Pferdestärken, sondern auch um das Pflegen von Kontakten. Man zeigt sich, man sieht sich, man winkt einander zu, ohne sich wirklich direkt ertragen zu müssen. Das Wichtigste ist gesagt: 'Ich lebe noch und bin gerade irgendwie beschäftigt. Und sei es nur mit der eigenen Langeweile'. Hauptsache man weiß, wer hat es als erster und mit wem auf die Terrasse geschafft.

Der Eupener Marktplatz: Ein Autodrom der Sehnsucht. Was hier fehlt, ist eigentlich nur eine Waschanlage. Diese würde problemlos für die gewünschte Verkehrsberuhigung sorgen. Statt Geld in die Parkuhr, ein Mal viel Schaum bitte. In der Zwischenzeit ein Sprung ins Geschäft. Und danach mal schauen, wie viel Wasser gerade in der Wesertalsperre ist."

Kommentar Nr. 3: 24 Jahre hat Fred Evers die Geschicke der Stadt Eupen als Bürgermeister geleitet. Er selbst spricht nicht zu uns. Aber in unserer Fantasie tut 'der lange Fred' dennoch seine Meinung kund.

"Kinder, wat habt er bloß aus meinem Eupen gemacht. Ich höre, jetzt gibt es eine Volksabstimmung. Zu meiner Zeit hätte es keine Volksabstimmung gegeben. Die Stimme des Volkes, das bin immer ich gewesen. Und Menschenskinder noch e mal. Wwiesow muss de Polizei in janzen Mannschaften anrücken, um drei Bäume im Vriedenspark zu fällen. Haben meine Nachfolger denn jar nix aus dr Verjangenheit gelernt. Ich hätte das eine Klinkeshöwfchenerweiterung jenannt: Und alle wären zufrieden jewesen.

Bon. Soit. Solange ich meine Pakete schnell zur Post bringen kann, ist noch nicht aller Tage Abend. Aber keine Panik! Der Wwähler wweiß wwas r wwill: Und zwar mit dem Auto zur Volksabstimmung fahren. Und wenn er dann noch en schönen Parkplatz nah am Wahllokal findet, dann ist der halbe Tag schon gerettet."

Kommentar Nr. 4: Guter Rat ist teuer. Manchmal hilft ein weiterer Blick von Außen. Wie zum Beispiel aus dem fernen China, wo Millionenstädte in kürzester Zeit gebaut werden.

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Der chinesische Korrespondent berichtet: Im stolzen Königreich Belgien sind Straßen heilig. Wenn Asphalt mal liegt, wird er in Ehren gehalten und nicht durch neuen ersetzt. Die Löcher sogar nachts majestätisch ausgeleuchtet. In der Hauptstadt der Ostbelgier wurden aber neue Wege angelegt. Doch nun fragen sich die Langnasen im Land der aufgehenden Reisfläden, wer das graue Gold jetzt noch nutzen darf? Soll der Bettler oder Kaiser dort zu Fuß hingehen? Kann sein, dass die Karossen bald ihren Platz des himmlischen Friedens verlieren werden. Und in Bolivien fällt ein Sack Quinoa um."

Kommentar Nr. 5 könnte von einem Schweiz-Hasser stammen, der selbst aus der Schweiz stammt. In seiner Jugend war er stolz auf sein Land, doch so langsam hat er genug von den vielen Volksbefragungen.

"Volksbefragungen gehören verboten! Weshalb bezahlen wir euch Politiker eigentlich? Damit ihr euch vor wichtigen Entscheidungen drückt? Ihr seid auserkoren, euch mit allen wichtigen Details zu befassen, mit Experten zu sprechen und die beste Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen. Auch wenn wir manche Politiker nur auf Grund ihrer schönen Augen wählen, sollten Sie selber sehen können, wo es lang geht. Grüezi und eine gute Wahl."