Nach Remich zur Sitzung der Kommissionen drei und vier des Interregionalen Parlamentarierrates. In seiner Begrüßung sagt der Luxemburger Abgeordnete Roger Negri "unser langfristiges Ziel ist es, die Großregion in die europäischste Region zu verwandeln". Die Europäische Union hat 2015 zum Jahr der Entwicklung ausgerufen. Es sei eine einmalige Chance, auf die Entwicklungshilfe aufmerksam zu machen und die Bevölkerung darüber zu informieren. Höchste Zeit, unsere Kräfte zusammen zu tun, damit die Großregion eine Modellregion in Sachen Entwicklungshilfe wird. "Wir wollen mit dieser Veranstaltung aufmerksam machen", ergänzte die saarländische Landtagsabgeordnete Isolde Ries.
Christine Dahm, Direktorin des Cercle de Coopération des ONG de développement in Luxemburg, macht die thematische Einführung. In diesem Jahr sollen die Millenium-Ziele zur Entwicklung und Bekämpfung der Armut geprüft werden. Viele dieser Ziele sind weit davon erreicht zu werden (zum Beispiel die Reduzierung der hohen Kindersterblichkeit). Für die nächsten 15 Jahre sollen Rahmenziele festgelegt werden, die für alle Länder gelten (Schlüsselmoment wird im September die Konferenz in New York sein). Daneben wird die Konferenz zum Klimaschutz (im Dezember in Paris) wegweisend sein. Vorher gibt es im Juli schon eine internationale Geldgeber-Konferenz in Äthiopien. Ziel des Europäischen Jahres der Entwicklung ist, die Bürger zu informieren, zu sensibilisieren und zu mobilisieren. Das müsse nicht bedeuten, dass sie sich in Vereinigungen engagieren oder spenden, sondern jeweils für sich schauen, wo sie aktiv zum Wandel beitragen können. Christine Dahm geht auch näher ein auf den Slogan "Notre monde, notre dignité, notre avenir"/"Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft". Der Cercle ist auch beim "Festival des Migrations" vertreten.
Christine Dahm spricht auch die internationalen Partnerschafts- und Freihandelsabkommen an. Mitte des Jahres soll ein entsprechendes Abkommen mit den westafrikanischen Ländern (Aufhebung der Zollschranken und der Quoten) vom Europaparlament ratifiziert werden. Die Zivilgesellschaft in Westafrika (namentlich der Bauernbewegungen) sei dagegen, weil das Abkommen die örtliche Wirtschaft und vor allem die Landwirtschaft in ihren Strukturen zerstöre. Die europäische Zivilgesellschaft sehe das ebenso. Dennoch sei davon auszugehen, dass dieses Abkommen im EU-Parlament und (in der Folge auch durch die Parlamente der Mitgliedstaaten) ratifiziert werde.
Ben Fayot, außerordentlicher Botschafter im luxemburgischen Außenministerium für das 'Europäische Jahr für Entwicklung' listet Initiativen auf und stellt eine Reihe kritischer Fragen. Er hält aber fest, dass die breite Masse nur wenig von der Entwicklungszusammenarbeit wisse. Es gebe die Organisationen wie Rotes Kreuz u.a., aber auch eine Vielzahl kleiner Initiativen, deren Arbeit kaum bekannt sei.
Für die Fédération Wallonie-Bruxelles erläutert Philippe Courard, dass ein überwiegender Teil der Bürger sich eben nicht um diese Fragen schweren. Im Gegenteil sei ein wachsender Rassismus zu spüren.
Allgemeines Fazit: Die nationalen Politiken müssen kohärent sein. Christine Dahm verweist auf ein jährliches Barometer, das der Cercle de Coopération über die Internetseite fairpolitics.lu veröffentlicht. Beispiel: der luxemburgische Kompensationsfonds für die Renten im Privatsektor sei über Anlagegeschäfte an einer Firma in Peru beteiligt, die ihre Arbeiter ausbeute. Auf der anderen Seite gebe es eine NGO, die ihrerseits die Rechte der Arbeiter gegenüber dieser Firma verteidige.
Frederik Thelen vertritt bei der gemeinsamen Sitzung die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft (Kabinett von Minister Antoniadis). Eine strukturierte Entwicklungszusammenarbeit gebe es in der DG seit 2007 (Einsetzung des RESI – Rat für Entwicklungszusammenarbeit, Solidarität und Integration) und 2008 (Dekret). Es gebe zwar keine NGOs in der DG, aber eine Vielzahl von VoGs. Die DG wolle vor allem da unterstützen, wo sie zuständig ist: Bildung, Gesundheit und Soziales – im Sinne von "Hilfe zur Selbsthilfe". Die Budgetmittel schienen auf den ersten Blick gering, entsprächen aber zwei Euro pro Kopf der Bevölkerung. Wichtig sei aber auch die Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung. Das sei Aufgabe des RESI. Das klappe manchmal sehr gut, manchmal weniger gut. Die Projektanträge würden mittlerweile wieder im Ministerium bearbeitet, weil die Antragsteller sonst im RESI über die eigenen Projekte befinden. Sorge bereitet in der DG, dass viele der Einrichtungen von Ehrenamtlichen betrieben werden, die schon in einem fortgeschrittenen Alter sind und sich Sorgen machen um die Nachfolge. Thelen richtet an die Runde die Bitte um mögliche Tipps in dieser Frage.
Neben Initiativen im Saarland und in Lothringen wird noch das Konzept der inklusiven Finanzierung ("Inclusive Finance") vorgestellt, über die luxemburgische NGO "Appui au Déléoppement Autonome (ADA)".
Bild: brf