Das Halbrund des Senats war voll besetzt. Etwa 100 Teilnehmer haben sich auf Einladung von DG-Gemeinschaftssenator Alexander Miesen mit Fragen wie "Wer sind die deutschsprachigen Belgier?" und "Welche sind ihre Forderungen?" beschäftigt.
Viele Teilnehmer waren aus der DG gekommen, im Publikum saßen aber auch politisch Verantwortliche aus Flandern und dem frankophonen Landesteil. Damit werde man der Rolle des neuen Senats - als "Länderkammer" - vollends gerecht, sagte Alexander Miesen im BRF-Interview.
Erster Programmpunkt: Wer sind eigentlich die deutschsprachigen Belgier? Oder anders gefragt: Verbindet die Menschen in der DG eine gemeinsame Identität? "Ja!", sagt Lydia Klinkenberg, ProDG-Abgeordnete und Vizepräsidentin des PDG. Was die Menschen verbinde, das seien zunächst die Leiden des Krieges - und auch noch die Zeit danach.
Nach einem juristischen Überflug über die Zuständigkeiten der DG durch den Lütticher Uni-Dozenten Frédéric Bouhon stand dann die Frage im Raum: Was macht die DG eigentlich mit ihren Kompetenzen? Einen Teil der Antwort lieferte der St. Vither Bürgermeister Christian Krings aus Sicht der Gemeinden. Insgesamt gebe es mehr Nähe zum Bürger, sagte Krings. Nur wünsche man sich manchmal eben doch mehr Handlungsspielräume - auch um den bürokratischen Aufwand noch weiter zurückzuschrauben.
Und damit wären wir bei den Forderungen der DG. Und das war natürlich Chefsache. Ministerpräsident Oliver Paasch machte aber zunächst mal deutlich, dass es den Deutschsprachigen in Belgien eigentlich vergleichsweise gut geht, sehr gut sogar. Was aber nicht heißt, dass es da keinen "Optimierungsbedarf" gäbe.
Die DG sei aber nicht größenwahnsinnig geworden, sagte Paasch. "Ich habe darauf hingewiesen, dass die institutionellen Forderungen nichts mit Ideologie, sondern ausschließlich mit Pragmatismus zu tun haben. Das hat auch gar nichts mit Größenwahn zu tun, sondern viel mehr damit, dass das heutige Statut der Deutschsprachigen Gemeinschaft unvollständig ist, dass uns wesentliche Bereiche wie Raumordnung, Wohnungsbau und Provinzzuständigkeiten fehlen, um eine wirklich kohärente regionale Entwicklung in unserer Gemeinschaft gestalten zu können."
Feststellen musste man da allerdings, dass sich die Forderungen eigentlich fast ausschließlich an die Wallonische Region richten. An die Adresse des Föderalstaats gibt es nur den Wunsch nach einer garantierten Vertretung in der Kammer.
Im Wesentlichen ging es bei dem Kolloquium aber darum, die Position der DG nochmal zu verdeutlichen - im Senat, vor den Vertretern der anderen Teilstaaten. Auch, um Missverständnisse zu vermeiden, damit die DG nicht am Ende als Nimmersatt durchgeht.
"Seitdem ich hier im Senat bin habe ich in persönlichen Gesprächen mit Senatoren-Kollegen, aber auch mit Abgeordneten in der Kammer, feststellen dürfen: Sobald man unsere Forderungen ein wenig erläutert und die Hintergründe erklärt, warum wir gewisse Zuständigkeiten noch zusätzlich haben möchten, warum wir als gleichberechtigte Partner in Belgien anerkannt werden möchten, stößt man sehr schnell auf Verständnis. Daher auch das Kolloquium, um dafür zu sensibilisieren", so Gemeinschaftssenator Alexander Miesen.
Autonomie hier und anderswo: Belgien, Schweiz und Südtirol
Wie verhält es sich in anderen Ländern? Wie gehen sprachliche Minderheiten dort mit eigenen Zuständigkeiten und deren Ausbau um? Das war auch Thema der Diskussionsrunde bei der Tagung zur Rolle der Deutschsprachigen im Senat. Alain Kniebs fasst zusammen - den Beitrag unten im Player hören.
rop/km - Bilder: Laurie Dieffembacq/BELGA