Die Nachricht vom Tod des Alt-Premiers Leo Tindemans hat auch in Ostbelgien Reaktionen hervorgerufen. Ministerpräsident Oliver Paasch würdigte Tindemans als großen Staatsmann und großen Europäer. Er habe versucht, den Deutschsprachigen in den 70er Jahren "ein Stück weit Selbstbewusstsein einzuflößen".
"Er hat sie ermuntert, ihre Interessen und ihre Bestrebungen nach kultureller Autonomie vorzutragen. Und wenn das geschah, dann hat er die Anliegen der Deutschsprachigen immer ernst genommen", so Paasch im BRF-Interview. "Man kann wirklich sagen: Leo Tindemans war ein guter Freund der Deutschsprachigen Belgier."
Mit Leo Tindemans verliere die Deutschsprachige Gemeinschaft einen wirklichen politischen Freund, meinte auch Parlamentspräsident Karl Heinz Lambertz. Lambertz hob hervor, dass Tindemans wichtige Weichen für die Autonomie der deutschsprachigen Belgier gestellt habe. "Ich denke schon, dass dieses Engagement von Leo Tindemans in den 70er und 80er Jahren, das ja hier auch medial wirksam in Szene gesetzt wurde, eine Bedeutung gehabt hat."
Als engagierter Verbündeter im Streben nach mehr Autonomie hätten die Menschen hierzulande dies Tindemans bei seinen zahlreichen Besuchen in Ostbelgien gedankt. "Inwieweit junge Generationen sich daran erinnern, das ist vielleicht etwas komplexer", so Lambertz im BRF-Interview.
rkr/km - Bild: BELGA
Danke, Leo Tindemans
Andere sind besser geeignet, Tindemans’ Verdienste für Belgien und in Europa zu würdigen. Für die DG erlaube ich mir die Behauptung: ohne seine wirklich föderalistische Überzeugung, seinen Einsatz und seine Sympathie für die deutschsprachigen Belgier gäbe es die DG in ihrer heutigen Form nicht.
Wer sich davon überzeugen will, lese bei Hubert JENNIGES (Hinter ostbelgischen Kulissen, S.149 ff.) seinen ersten Kontakt im Oktober 1968 mit dem damaligen Minister für Gemeinschaftsfragen nach.
Dort kann man auch nachlesen, wie dringend nötig sein Einsatz für die DG war – gegen die Ansichten derer, die damals als Bedenkenträger und Verhinderer auftraten und heute in salbungsvollen Kommentaren und Nachrufen ihre Verbundenheit mit Tindemans unterstreichen.
Für mich bleibt der Humanist Tindemans der letzte große, weitsichtige, wirkliche Staatsmann Belgiens. Und seine föderalistische Überzeugung, seinen Zuruf an uns Deutschsprachige „Werde, was du bist“ benötigen wir heute dringender denn je.
Gerhard Palm
Mürringen