Der Chef des angesehenen Forsa-Instituts Manfred Güllner muss es wissen. Der Meinungsforschungs-Professor gehört in Deutschland zu den gefragtesten Befragern. Forsa hängt die Konkurrenz in puncto Genauigkeit zumeist um Längen ab. Das gilt vor allem für Meinungsumfragen kurz vor Wahlen.
Nun mag man zu solchen Umfragen stehen wie man will. Aber eins steht fest: Forsa ist über jeden Verdacht erhaben, Erfüllungsgehilfe irgendwelcher Machenschaften zu sein. Deshalb sollte allen Verschwörungstheoretikern gesagt sein: Nein, die Regierung hat als Auftraggeber der "Umfrage zu den Lebensumständen in der DG" Forsa keine Resultate diktiert. Denn: Forsa lässt sich nichts diktieren.
Nun zu der repräsentativen Befragung an sich, den Ergebnissen und möglichen Interpretationen. Erstens: Es ist gut und richtig, dass die DG nach 2011 eine neue Umfrage in Auftrag gegeben hat. Von den Gesamtkosten über 32.000 Euro muss die Gemeinschaft die Hälfte tragen. Eine sinnvolle Ausgabe, vorausgesetzt, man lässt den Worten Taten folgen. Die selbstkritische Ernsthaftigkeit, mit der Ministerpräsident Paasch den Bericht kommentierte, lässt hoffen.
Zweitens: Die Verantwortlichen von Regierung und Ministerium sollten sich ein wenig mehr Zeit als üblich nehmen, um das dicke Werk zu analysieren. Vorschnelle Schlüsse verbieten sich von selbst. Das gilt für Feststellungen wie "Die Zufriedenheit mit der Politik in der DG ist groß, das Interesse am politischen Geschehen aber eher gering".
Das gilt auch für die erschreckende Einsicht, dass Migranten für viele Ostbelgier Menschen sind, die man lieber aus der Ferne betrachtet und nicht in seiner Gemeinschaft haben möchte. Auf der anderen Seite wird die Forderung nach mehr Integrationsbereitschaft der Einwanderer herausposaunt. Auch da ist Paasch Realist: Wenn wir den Zuwanderern keine oder nur zu wenig Integrationsangebote machen, können wir nicht ernsthaft Ansprüche an Flüchtlinge stellen.
Drittens: Es gibt eine Menge interessanter politischer Aussagen in dieser Umfrage. Nur noch knapp ein Drittel der Menschen will, dass die DG für weitere Politikfelder zuständig wird. Viele meinen: Es reicht! Die berechtigte Sorge: Wir könnten uns verheben - vor allem finanziell. Anderes Beispiel: Zwei von fünf Befragten können nicht eine einzige Dienstleistung der DG nennen. Dabei bietet sie 600 an. Und: Das Regionale Entwicklungskonzept REK, Herzstück der Regierungsarbeit auf Jahre hinaus, ist gerade einmal 22 Prozent der Bürger bekannt. Ein Armutszeugnis?
Seien wir ein bisschen entspannter: Forsas Professor Güllner wusste zu berichten, dass in Deutschland der Europäische Sozialfonds ESF sozusagen unbekannt ist - obwohl er das wichtigste EU-Instrument zur Bekämpfung von Armut und zur Förderung sozialer Integration darstellt.
Das REK - weitgehend unbekannt? Man könnte auch positiv sagen: Jeder Fünfte kennt dieses Unwort, wahrscheinlich ohne genau zu wissen, was sich alles dahinter verbirgt. Dass die Regierung, vor allem die letzte, das Wort ständig im Munde führte und stets stolz auf die zahlreichen REK-Errungenschaften verwies, löst noch keine echte Begeisterung aus. Auch hier könnte Zurückhaltung wirken.
Oder anders gesagt: Lasst die politische Brechstange im Gepäck! Davon haben wir schon genug gehabt - auch in der DG.
DG-Umfrage: Zahlreiche Bürger wollen keine weitere Zuwanderung
Bild: Achim Nelles/BRF
"Forsa lässt sich nichts diktieren" ... das hatte man doch auch vom ADAC gedacht ...