Wenn ein sechsjähriges Mädchen, wie jetzt am Montag in Raeren, glaubhaft berichtet, beinahe entführt worden zu sein, dann weckt das - in einem Land, in dem ein Mann aus Marcinelle in den 90er Jahren über die Grenzen hinaus zu zweifelhafter Berühmtheit gekommen ist - traumatische Erinnerungen.
Da ist es nicht leicht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch als Lehrer muss man das dann doch irgendwie schaffen. In der Gemeindeschule Raeren, die die Sechsjährige besucht, haben Direktion und Lehrer reagiert.
"Wir haben die Kinder altersgerecht informiert", erklärt Schuldirektorin Anneliese Huppertz. "Wir haben Verhaltensweisen besprochen: Ich trendele nicht nach der Schule. Wenn mich eine fremde Person anspricht, gehe ich einfach weiter." Den Kindern wurde klar gemacht, dass Erwachsene nicht das Recht dazu haben, Kinder anzusprechen. "Wichtig ist auch, den Kindern zu sagen: Wenn ihr Ängste habt, oder wenn ihr nicht abgeholt werdet - kommt zurück zur Schule, da kümmert man sich um euch."
Einerseits möchte man Kinder schützen und zur Vorsicht mahnen, andererseits möchte man auch keine Panik schüren - ein Drahtseilakt. "Kinder reagieren eigentlich sehr gesund auf solche Situationen und erkennen sehr wohl, dass nicht jeder Fremde ein Täter ist", so Huppertz. Auch mit den Eltern ist die Schule in Kontakt getreten. In einem Schreiben wurden die Eltern informiert, dabei wurde einmal mehr um Zusammenarbeit gebeten, was beispielsweise das Bringen und Abholen angeht.
Auf Anfrage gibt die Polizei vor Schulklassen Tipps zum richtigen Verhalten. "Wir erklären den Kindern zum Beispiel, dass sie sich nicht fremden Fahrzeugen nähern sollen. Wenn sie sich bedroht fühlen, sollen sie schreien und weglaufen", sagt Polizeiinspektorin Sabine Bierfeld. Alles ist erlaubt, um sich aus der Gefahr zu befreien: "Schreien, beißen, treten, kneifen - auf jeden Fall auf sich aufmerksam machen."
mz/km - Bild: BRF