Gleichbehandlung bei Elterngeldzahlung - das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen hat für Grenzgänger Grundsatzcharakter. Geklagt hatte eine ostbelgische Krankenschwester, die mit einem Deutschen verheiratet ist. Sie durfte in den sieben Monaten vor der Geburt ihres dritten Kindes nicht mehr im St. Vither Krankenhaus arbeiten. So verlangt es das belgische "Gesetz zum Schutz der Schwangeren und stillenden Mütter". Mutter und Kind sollen durch Anwendung dieses Gesetzes, das dem deutschen Beschäftigungsverbot entspricht, vor Ansteckungsgefahren geschützt werden.
Allerdings erhält eine Arbeitnehmerin in Belgien, anders als in Deutschland, in einem solchen Fall keine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, sondern Entschädigungsleistungen von der Krankenkasse. Aufgrund unterschiedlicher Berechnungsgrundlagen fallen diese Zahlungen in Belgien deutlich geringer aus als die Lohnfortzahlungen in Deutschland.
Als Ehefrau des deutschen Grenzgängers, der mit ihr und den drei Kindern in Belgien wohnt, aber in Deutschland arbeitet, hat sie Anspruch auf deutsches Elterngeld. Dieses erhielt sie auch durch das Versorgungsamt, aber nicht in vollem Umfang. Das deutsche Versorgungsamt stützte sich bei der Berechnung der Leistungshöhe auf das belgische Berechnungsmodell. So erhielt die Klägerin insgesamt 2000 Euro weniger, als ihr zustand.
Das Sozialgericht Aachen unter Vorsitz von Ulrich Irmen entschied zugunsten der Krankenschwester. Er argumentierte, dass eine Benachteiligung der Frau nicht im Sinne der europäischen Gesetzgebung sei. "Bei der Berechnung eines Anspruchs auf Elterngeld darf es sich für eine in Belgien erwerbstätige elterngeldberechtigte Mutter nicht nachteilig auswirken, dass der Schutz werdender Mütter in Deutschland und Belgien unterschiedlich ausgestaltet ist", heißt es in dem Urteil.
Die weiteren Ermittlungen des Landessozialgerichts in Essen bestätigten im Berufungsverfahren diese Sichtweise und das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang. Daraufhin zog das Versorgungsamt Aachen die Berufung zurück. Damit besteht jetzt endgültige Klarheit und Rechtssicherheit. Das Versorgungsamt hat inzwischen nachgezahlt - nicht nur in dem geschilderten Fall, sondern auch im Anschluss an zwei ähnlich gelagerte Prozesse.