Die voraussichtliche Ernennung des Berliner Kardinals Rainer Maria Woelki zum neuen Erzbischof von Köln hat positive Reaktionen hervorgerufen. Der gebürtige Kölner gehe auf die Menschen zu und sei "den Ideen des neuen Papstes sehr zugetan", meinte Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters.
Mit der offiziellen Bekanntgabe der Ernennung Woelkis durch Papst Franziskus wird am Freitagmittag in Rom gerechnet. Seit Mittwochabend zweifelt aber niemand mehr daran, dass der 57-jährige Woelki die Nachfolge von Kardinal Joachim Meisner an der Spitze des größten deutschen Bistums antreten wird. Bei den Spekulationen war Woelkis Name nur selten gefallen. Auf der Vorschlagsliste des Domkapitels sollen die Bischöfe von Trier und Essen, Stephan Ackermann und Franz-Josef Overbeck, sowie der derzeitige Kölner Bistumsverwalter Stefan Heße gestanden haben.
Ob bei Scheidung, vorehelichem Sex, Verhütung oder Homosexualität: Nach den mehr als zwei Jahrzehnten mit dem Konservativen Meisner sehnten sich viele Katholiken in Köln nach frischem Wind und einer neuen Tonlage an der Spitze des Erzbistums. Entsprechend positiv fallen bereits die ersten Reaktionen aus.
Seit seinem Antritt in Berlin im August 2011 absolvierte der Rheinländer dort einen Crash-Kurs in Sachen Multikulti. In einer Stadt, in der die Katholiken eine Minderheit sind und die meisten Menschen mit Religion kaum etwas am Hut haben, musste er sich ziemlich umstellen - mit Erfolg.
Woelki gilt als ein Ziehsohn des 80-jährigen Meisners. 1990 wurde er dessen persönlicher Sekretär. Sieben Jahre stand der gebürtige Kölner an seiner Seite, dann wurde er Direktor des Bonner Collegium Albertinum, wo Priesterkandidaten ausgebildet werden. 2003 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Bischof ernannt, zuständig für die Seelsorge im Pastoralbezirk Nord, zu dem mit Düsseldorf und Wuppertal rund 850.000 Menschen gehören. Dann kam der Ruf nach Berlin.
Viel Zeit zum Einleben hatte Woelki in der Hauptstadt nicht. Er räumte die Vorbehalte gegen seine Ernennung aus dem Weg, etwa sein Studium an der Opus-Dei-Universität in Rom. Der Theologe hatte an der vom umstrittenen Laien- und Priesterorden geleiteten Santa Croce über die Rolle der Pfarreien promoviert. Darüber sprach er offen, wies aber eine Mitgliedschaft in der erzkonservativen Gemeinschaft zurück.
Auch seine verhältnismäßig liberale Haltung zur Homosexualität trug ihm den Respekt von Lesben und Schwulen in Berlin ein. Dennoch hielt Woelki auch immer an der reinen Lehre fest. Die katholische Kirche könne ihre Sexualmoral nicht einfach einer geänderten Lebenswirklichkeit anpassen. Sie müsse aber eine verständlichere Sprache für ihre Einstellung zur Sexualität finden, sagte der Kardinal in einem Interview.
"Nos sumus testes" - Wir sind Zeugen, lautet Woelkis Wahlspruch. Mit dieser Karriere hatte Berlins Erzbischof wohl nicht gerechnet: Vom katholischen Kernland am Rhein in die Diaspora an die Spree - und jetzt wieder zurück nach Köln. Seine Berliner Erfahrungen könnten ihm dabei helfen, auch im katholischen Rheinland die Risse zwischen Kirchenspitze und katholischem Volk zu kitten, meinen nicht nur Insider.
dpa/rkr - Bild: Maurizio Gambarini (epa)