1200 Jahre nach dem Tod Karls des Großen stellen Wissenschaftler seine Aachener Pfalz in einem neuen Modell dar. Im Maßstab 1:50 zeigt es, wie der Kernbereich der Pfalz mit Kirche - dem ältesten Teil des Doms - und Königshalle, auf deren Fundamenten das Aachener Rathaus heute steht, zur Zeit des Frankenherrschers ausgesehen haben könnte. Das Modell basiere auf der wissenschaftlichen Neubewertung alter Quellen und auf Ergebnissen alter und neuer Grabungen, teilten Bauforscher und Archäologen am Donnerstag mit.
Bisher habe das Modell des früheren Aachener Dombaumeisters Leo Hugot von 1965 mit vielen spekulativen Details das Erscheinungsbild der Pfalz zu Zeiten Karls geprägt, sagte Ley. Anders als das Hugot-Modell mache die neue, nüchterne Konstruktion deutlich, wo sich die Forscher mangels fundierter Erkenntnis in einer Grauzone bewegten: «Was wir nicht wissen, haben wir kenntlich gemacht», sagte Bauforscherin Judith Ley von der RWTH Aachen.
Das gilt etwa für die Königshalle Karls des Großen, der Aula Regia, die als eine der bedeutendsten mittelalterlichen Herrschaftsbauten im deutschen Raum gilt. Hier fanden die Feierlichkeiten nach den Königskrönungen statt. Das Holzmodell hat zwar Fenster, aber die Forscher wissen nicht, wo die Fenster tatsächlich waren.
Das neue Modell im neuen Stadtmuseum «Centre Charlemagne» steht mit Metallstelzen auf einem Grundriss der Pfalz nach aktuellsten archäologischen Erkenntnissen. Auf der Platte lassen sich die Bauphasen ablesen und auch, ob der Besucher ein paar Meter vom Museum entfernt das Mauerwerk noch sehen kann, oder ob es noch Fundamente aus Zeiten Karls gibt. Das neue Modell werde sich mit neuen Forschungsergebnissen in der Zukunft verändern. «Es ist ein Forschungsmodell. Es ist nicht fertig und es wird wohl auch nicht fertig», sagte Bauforscherin Ley zur immerwährenden Aufgabe, die Pfalz zu entschlüsseln.
dpa/sh - Archivbild: Oliver Berg (dpa)