Nein, Wahlkampf war das nicht wirklich, was sich da in den letzten Wochen vor der "Mutter aller Wahlen" in Ostbelgien abspielte. Doch seit Dienstagabend ist alles anders: Vor rund 500 Besuchern im großen Saal des St. Vither Triangels ging es teilweise hoch her zwischen den Spitzenkandidaten für die Gemeinschaftswahl am 25. Mai.
Am Ende blieb eine Erkenntnis: Die Wahlen sind vollkommen offen, die Koalitionsverhandlungen danach werden es wohl auch sein. Denn: Die alten Koalitionäre wollen offenbar nicht um jeden Preis zusammenbleiben. Und einige vorsichtige Annäherungsversuche bei den Antworten auf die Fragen der Moderatoren Boris Cremer (GrenzEcho) und Stephan Pesch (BRF) waren nicht zu übersehen.
So bezeichnete Oliver Paasch (ProDG) den CSP-Spitzenbewerber Robert Nelles mehrfach als möglichen künftigen "Kollegen". Und der war stets bemüht, dem Unterrichtsminister nicht allzu nahezutreten. Im übrigen galt das trotz aller Differenzen für alle: Niemand verstieg sich zu verletzenden Anfeindungen. Allenfalls gab es ein paar deftige Wahrheiten, garniert mit rhetorischen Spitzen.
Keine Frage: Um den Posten des Ministerpräsidenten bewerben sich letztlich drei Anwärter: Der amtierende MP Karl-Heinz Lambertz (SP) sowie Paasch und Nelles. Isabelle Weykmans (PFF) warf ihren Hut nicht in den Ring. Sie betonte, dass sie sich nicht an dem Superstar-Getue beteilige. Ihr gehe es vielmehr um zuverlässige liberale DG-Politik, die von den Schwesterparteien im Land mitgetragen würden.
Auch Franziska Franzen (Ecolo) schielt weniger auf eine Regierungsbeteiligung oder einen Posten als auf die Verwirklichung grüner Inhalte. Und der Vivant-Rebell Michael Balter dürfte ohnehin kaum koalitionsfähig sein: Er sprach der Mehrheit politische Stärke ab und bot sich als demokratische Alternative fern jeden Klüngels an. Paasch unterstrich, auch ihm gehe es primär darum, das ProDG-Wahlprogramm in möglichst großem Umfang zu verwirklichen. Und Nelles bekannte sich zwar deutlich zu der Absicht, Regierungsabsichten zu verfolgen, "dies jedoch keineswegs um jeden Preis".
Mehr als die Hälfte der Debatte drehte sich um die Finanzpolitik, an der sich die Geister am meisten scheiden. Die noch amtierenden Minister verteidigten die Haushaltspolitik als notwendig und angemessen, die Redner aus den Reihen der alten Opposition warfen der Regierung den Verlust von Bodenhaftung und Unmäßigkeit vor. Geld sei verschwendet worden, und obendrein hätten die Minister sich auch noch bestimmte Privilegien gegönnt, so Balter. Karl-Heinz Lambertz bezeichnete diese Aussage als glatte Lüge.
Einig waren sich eigentlich alle darüber, dass in der Unterrichtspolitik strukturell gute Arbeit geleistet worden sei, aber oft genug seien die Menschen, um die es gehe, nicht mitgenommen worden. Daher sei oft Überforderung und Frust bei den Lehrern spürbar, so Nelles. Paasch verwahrte sich dagegen mit dem Argument, er suche ständig den Kontakt zu Pädagogen, Eltern und Schülern.
In Sachen Kompetenzübertragungen kam richtiger Gegenwind nur von Balter: Die Frage sei zunächst die der Bezahlbarkeit und Machbarkeit. Denn: Zuständigkeit sei nicht in jedem Fall synonym mit Kompetenz.
Und schließlich noch eines: Der oft zitierte "notwendige lange Arm" im Land wurde in seltener Übereinstimmung von Paasch und Balter als wenig hilfreich oder sogar als gefährlich bezeichnet. Paasch sagte, er glaube nicht an diese "Theorie des langen Arms", und Balter hatte dafür nur ein Wort übrig: "Klüngel".
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Bilder: David Hagemann