Was auf den ersten Blick ein absolut harmonisches Bild abgibt, bedarf doch einiger Erklärung. Warum nämlich ein zugegeben engagierter Milchbauer aus Ostbelgien und ein gefragter Börsenmakler aus Baden-Württemberg über die wirtschaftlichen Perspektiven in Europa austauschen.
"Ich habe Erwin Schöpges schon vor einigen Jahren als einen sehr engagierten Kämpfer kennengelernt, einen, der einen hohen Gerechtigkeitssinn hat. Wenn sich so jemand in der Politik einbringt und mit unkonventionellen Methoden auch mal Denkkonstrukte durcheinander bringt, dann ist das, glaub ich, sehr hilfreich. Solche Leute braucht man in der Politik, von den 'konformen' hat man leider schon zu viele", urteilt Dirk Müller.
Dass Erwin Schöpges auf der Ecolo-Liste für die Europawahlen kandidiert, aber parteilos ist, weiß Dirk Müller zu schätzen. Er selbst "spreche mit allen Parteien, nur nie für eine Partei", sagt der Börsenmakler, der in wirtschafts- und finanzpolitischen Kreisen als Berater hinzugezogen wird.
Wegen seiner Einsicht in die internationalen Märkte ist er auch für den Ameler Erwin Schöpges ein interessanter Gesprächspartner, wenn es darum geht, europapolitische Modelle zu entwickeln. "Wenn man sieht, welche Politik momentan in Europa betrieben wird, welchen Einfluss sie auf unser tägliches Leben hat, dann muss man sehen, dass dieses System verändert werden muss", sagt Schöpges.
Der als "Mr. Dax" bekannt gewordene Dirk Müller fordert klare Regeln in Sachen Lobbyismus, eine Machtbalance zwischen Markt und Verbraucher, er äußert sich entschieden gegen den Hochfrequenzhandel und die Spekulation mit Lebensmitteln.
Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen, das im stillen Kämmerlein verhandelt werde, nennt Müller die "größte Katastrophe", seit es die EU gebe. Für eine wirkungsvolle Struktur in Europa schlägt er dezentrale Netzwerke vor. Über allem steht aber notwendigerweise der Ausstieg aus der Schuldenkrise. Dazu appelliert Müller, Anreize zu schaffen, damit Sparer ihr Geld ausgeben und dem Wirtschaftskreislauf zufließen lassen.
Also, so unterstreicht Dirk Müller, das Geld nicht in Staatsanleihen investieren, sondern direkt in die Infrastruktur wie Straßen, Schienen, Kraftwerke oder Kindergärten. Aber wieso soll der einzelne Sparer sein Geld anstelle des Staates investieren, wieso sollte er ins Risiko gehen, um staatlich genutzte Infrastrukturen zu finanzieren?
"Der Staat muss die Bürger-Investitionen durch eine Garantie schützen. Würde die Garantie fällig, so muss sich der Bürger darauf verlassen können, dass ihm die Investitionen auch gehören", sagt Müller.
Die staatlich ausgesprochene Garantie auf Sparguthaben bis 100.000 Euro sei dagegen "nichts wert", weil nichts dahinter stehe, sagt Dirk Müller. Das könne schon die nächste großen Bankenkrise zeigen.
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