Für die Deutschsprachige Gemeinschaft werden alle Anrufe in der Lütticher Notrufzentrale angenommen. Wie schon am Montag gemeldet wurde: Noch immer können zehn bis 20 Prozent der Dienste nicht mit deutschsprachigen Mitarbeitern besetzt werden. In der Theorie gilt: Rund um die Uhr steht ein deutschsprachiger Mitarbeiter zur Verfügung. Sieben von ihnen gibt es in der 112-Zentrale, in der Feuerwehrkaserne von Lüttich. Krankheitsbedingt ist ein Zentralist allerdings auf unbestimmte Zeit ausgefallen. Eine Tatsache, die das ganze System auf den Kopf stellt. Im Wochendurchschnitt können zwei Schichten nicht besetzt werden. Das macht unterm Strich 24 Stunden, in denen kein deutschsprachiger Mitarbeiter unter der 112 zu erreichen ist.
Loic Hardy arbeitet seit drei Jahren in der Zentrale - der aus Welkenraedt stammende Zentralist hat Deutsch in der Schule gelernt. Wenn Not am Mann ist, hilft er aus. Ununterbrochen kommen Anrufe rein. Unfälle, Krankheiten aller Art und Katastrophen. Die Zentrale von Lüttich ist Anlaufstelle für mehr als eine Million Menschen in der gesamten Provinz Lüttich. 67.000 Mal im Jahr werden von hier aus die Krankenwagen losgeschickt. Einen kühlen Kopf bewahren, das ist für die Mitarbeiter der 112-Zentrale elementar.
Wenn Loic nicht mehr weiter weiß, dann schaltet er die Polizei-Kollegen der 101-Zentrale per Telefonkonferenz hinzu. Gemeinsam versuchen sie dann, dem Anrufer die bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen. Dieser Umweg kostet 15 bis 20 Sekunden Zeit. Weiterer Knackpunkt ist die Fragetechnik: "Bei manchen Anrufen, wenn es zum Beispiel darum geht, erste medizinische Hilfe zu leisten, kann die Situation nicht so gezielt abgefragt werden. Auf jeden Fall nicht so genau, wie wir es hier machen würden. Leider. Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass nicht die richtigen Einsatzkräfte losgeschickt werden. Aber eine Rettung wird auf jeden Fall alarmiert", erklärt Hervé Fanuel, Kommandant Notrufzentrale von Lüttich.
In den letzten Jahren wurde die Zahl der Mitarbeiter von 30 auf 40 aufgestockt. Doch noch immer arbeite man am Limit, so heißt es hinter vorgehaltener Hand. Um das Problem mit den deutschsprachigen Zentralisten in den Griff zu bekommen, sollen in Kürze zwei neue Posten besetzt werden: "Das Verfahren zur Einstellung läuft. Wenn die Leute gefunden und eingestellt worden sind, müssen sie in den nächsten Wochen ausgebildet werden. Wir hoffen, dass es schnell geht. Aber es wird schwierig, dass sie noch vor September oder Oktober ihren Dienst aufnehmen können. Wir werden also noch einige Probleme haben, so Hervé Fanuel.
Bis zu 1200 Anrufe kommen an einem ganz normalen Tag hier an. 60 von ihnen stammen aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Doch nicht nur in der Anzahl unterscheiden sich die Anrufe: "Im Rahmen einer Diplomarbeit wurden die Notarzt-Einsätze in Lüttich und in Sankt Vith verglichen. Eine Schlussfolgerung war, dass im Verhältnis zur Bevölkerung viel weniger Einsätze im ländlichen Gebiet gefahren werden. Aber wenn: dann sind die Fälle in der Regel schwerwiegender. Das können wir aus Erfahrung bestätigen. Die Deutschsprachigen rufen seltener die Notrufzentrale an, als die übrige Bevölkerung in der Provinz", erklärt Hervé Fanuel weiter. Zurückzuführen ist das auf eine andere Bevölkerungsstruktur. So gibt es im ländlichen Raum zum Beispiel weniger Kriminalität und damit auch weniger mediznische Notfälle. Oder aber: Die Deutschsprachigen gehen lieber selbst ihre Probleme an - als hartnäckig gelten sie. Zumindest jene Deutschsprachigen, die in der 112-Zentrale arbeiten. Zwei von ihnen wurden nun zum Gruppenchef befördert.
Bild: BRF Fernsehen
Rufnummer 112 schnelle Hilfe vom Nordkap bis Sizilien. Aber in der DG leider noch immer kein 24h-Dienst auf Deutsch. Ein wenig beunruhigend. In Flandern können solche Situationen eben nicht vorkommen.