Die Gemeinden, in denen elektronisch gewählt wurde, sollen die Differenz zur weitaus kostengünstigeren Wahl auf Papier begleichen: mit 1,27 Euro pro Wähler. Das macht für die Stadt Eupen fast 17.000 Euro aus, für St. Vith gut 9.000 Euro und für eine Gemeinde wie Burg Reuland 3760 Euro. Abgesehen von den Beträgen geht es ums Prinzip. Mit einer Sammelklage wollen mehr als 30 Gemeinden vor den Staatsrat ziehen. In den Hintergrund gerät dabei die Frage, was überhaupt für oder gegen eine Wahl am Computer spricht.
Belgien ist ein Land der unterschiedlichen Geschwindigkeiten - darum wird hier auch unterschiedlich gewählt. 1991 wurde pilotweise die elektronische Wahl eingeführt. Sie macht vor allem das Auszählen der Stimmen einfacher und schneller - wenn nichts dazwischenkommt.
Denn mittlerweile sind die Apparate hoffnungslos veraltet. Und von Anfang an gab es ernsthafte Bedenken: zum einen wegen der ungewohnten Stimmabgabe. Zum anderen warnen Kritiker, dass sich im Nachhinein nicht zweifelsfrei überprüfen lasse, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Solche Bedenken haben unsere Nachbarn in den Niederlanden dazu bewogen, das System wieder abzuschaffen. Dabei hatten sie es als erste und fast flächendeckend eingeführt. In Deutschland wurde der Einsatz von Wahlgeräten bei der Bundestagswahl 2005 erprobt - im März 2009 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Verordnung als verfassungswidrig, weil die Geräte nicht gewährleisteten, dass die Wahl von jedermann nachvollzogen werden kann. Und in Frankreich hat das Innenministerium den Gemeinden untersagt, weiter in Wahlcomputer zu investieren.
So konsequent war die wallonische Regierung nicht: Wie Flandern und Teile der Region Brüssel hatte sie vor den Gemeindewahlen erwogen, ein System einzuführen, bei dem der Wähler zur Bestätigung einen Ausdruck mit seiner Stimmabgabe erhält. Die Ausschreibung blieb ohne Erfolg - vermutlich erleichtert, entschied die Regierung Demotte darum: "Wir kehren flächendeckend zur verlässlichen und günstigeren Papierwahl zurück".
Den Gemeinden, die schon elektronisch wählten, darunter den neun in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, wurde freigestellt sich für das eine oder andere zu entscheiden - allerdings einheitlich pro Wahlkanton und unter der Bedingung, dass die Gemeinden die Mehrkosten im Vergleich zur Papierwahl übernehmen. Wie die Bürgermeister versichern, war am Ende die Rede von 50 oder 55 Eurocent pro Wähler - nun sind es 1,27 Euro.
Sammelklage vor dem Staatsrat
"Nicht mit uns!" sagen die Gemeinden und strengen eine Sammelklage vor dem Staatsrat an. Die Forderung in dem Erlass sei nicht ausreichend begründet und außerdem rückwirkend - absolut stichhaltige Argumente, wie der Lütticher Anwalt Eric Lemmens bestätigte. Von den 39 Gemeinden, die nun zahlen sollen, hat die ein oder andere von einer Klage Abstand genommen - darunter Schwergewichte wie die Stadt Lüttich oder Flémalle. Anwalt Lemmens geht davon aus, dass "mindestens 32 Gemeinden" klagen werden. "Aber", sagt er und wiederholt sich: "Das brauche nun mal Zeit!"
In Erwartung dessen wird in knapp vier Monaten wieder elektronisch gewählt - diesmal unter der Obhut des föderalen Innenministeriums. Und die nächsten Gemeinderatswahlen im Jahr 2018 werden hier wohl von der Deutschsprachigen Gemeinschaft organisiert - nach der unter der Woche angekündigten Übertragung der restlichen regionalen Zuständigkeiten in Sachen Gemeindewesen. Bis dahin wird dann auch geklärt sein, wie gewählt wird. Nach der unliebsamen Erfahrung mit 2012 oder angesichts des veralteten Materials oder aber wegen grundlegender Argumente wie der demokratischen Kontrolle und Überprüfbarkeit fällt die Wahl vielleicht auf die... Papierwahl. Dann muss nur daran gedacht werden, zusätzliche Wahlhelfer für die Arbeit in den Zählbüros zu begeistern. Das dürfte schwer genug fallen, nachdem sich rumgesprochen hat, dass viele Wahlhelfer von 2012 lange auf ihre Aufwandsentschädigung warten mussten. Und das, obwohl doch der elektronische Zahlungsverkehr mittlerweile nicht mehr zur Disposition steht!