Vor fünfzig Jahren starb der Gewerkschaftsführer André Renard und die wallonischen Arbeiter verloren ihren charismatischen Anführer. Der Vervierser Marcel Bartholomi, Präsident des Europäischen Instituts zur Förderung der Sozialökonomie, möchte daran erinnern, dass die Situation zu Beginn der 1960er Jahre durchaus mit heute vergleichbar ist.
"Mir ist aufgefallen, dass sich die Dinge überhaupt nicht verändert haben. Die Forderungen André Renards im wirtschaftlichen Bereich bleiben die gleichen. Das Buch heißt ja auch "André Renard und die Wirtschaftsdemokratie". Es ist weniger ein Buch über seinen Person als vielmehr darüber wie er, als Präsident des Gewerkschaftsverbands der Lütticher Stahlarbeiter seine ökonomischen Positionen verteidigte", erklärt Marcel Bartholomi.
Nachdem er eine aktive Rolle beim Generalstreik 1936 übernommen hatte, engagierte sich André Renard in den Jugendorganisationen der Gewerkschaften um gegen Faschismus zu kämpfen. Er gründete die "Unité syndicale", Vorfahre der FGTB. Das war der Beginn eines langen Kampfes für die Wirtschaftsdemokratie.
Es wird langsam Zeit, dass die Thesen Renards auch heute wieder Gehör finden, dass die Politiker seine Botschaften ernst nehmen. Das ist jetzt nötiger denn je. Wenn Marcel Bartholomi das Niveau der Parlamentsdebatten betrachtet, dann gibt es im wirtschaftlichen Bereich momentan wichtigere Dinge zu diskutieren. Die Regionalisierung bis zur vierten Staatsreform waren erste Schritte, auch im Sinne von André Renard. Die fünfte und die jetzt kommende sechste Staatsreform sind nur vom aufbrausenden flämischen Nationalismus gewollt.
Beim Lesen der rund Hundert Seiten stellt sich unweigerlich die Frage, welche Position André Renard heutzutage einnehmen würde. "Wenn wir die heutigen Probleme der Stahlindustrie betrachten, dann würde André Renard genau das Gleiche sagen, was die FGTB auch heute sagt. Der Sektor wird total dereguliert, und die Staaten haben während der letzten dreißig Jahre alle Steuerungsinstrumente aus der Hand gegeben. Renard wäre in der gleichen Situation wie Francis Gomez heute. Wenn der Renardismus heute noch in Mode wäre, dann wären all die Steuerunginstrumente, die den Politikern in den 1970ern noch zur Verfügung standen, vielleicht gar nicht verschwunden", erklärt Bernard Bolly, Direktor "Forma'action André Renard".
Das Buch "André Renard und die Wirtschaftsdemokratie" von Marcel Bartholomi greift Fragen von André Renard wie "investieren oder nicht, ein Unternehmen gründen oder schließen, verkaufen, rationalisieren, entlassen, entscheiden?" auf. Es richtet sich an ein breites Publikum und kostest acht Euro.
Bild: BRF Fernsehen