Das Problem ist einfach: Laut EU-Vorgaben sollen bis ins Jahr 2020 20 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Dazu wollen die zuständigen Minister, Philippe Henry und Jean-Marc Nollet, verstärkt auf Windkraftanlagen setzen. 3800 Gigawattstunden sollen 2020 in der Wallonie durch Windkraft produziert werden, zurzeit sind es rund 2200.
Weil aber niemand eine Windkraftanlage nahe dem eigenen Garten haben will, streiten sich Region, Investoren, Bürger und Gemeinden über mögliche Standorte.
Nach der ersten Protestwelle Anfang des Jahres startete eine umfangreiche Prozedur, mit der die verschiedenen Positionen in Einklang gebracht werden sollen. Die Rahmenpläne für mögliche Standorte von Windkraftanlagen in der Wallonie wurden Anfang Juli geändert. Damit reagierte das wallonische Parlament auf zahlreiche Beschwerden von Bürgen und Gemeinden.
Windpark Walhorner Feld
Die Bürgerbefragung ist der nächste Schritt bei der Erstellung einer definitiven Karte für mögliche Standorte. Laut der zurzeit vorliegenden Karte kommt im Norden der DG nur ein größeres Gebiet infrage: der Windpark Walhorner Feld, der auf dem Grenzgebiet zwischen den Gemeinden Eupen und Lontzen liegt. Über die dort geplanten Anlagen gibt es schon seit längerem Meinungsverschiedenheiten zwischen den zwei Gemeinden und auf der neuen Karte ist der Standort auch nur unter Vorbehalt eingezeichnet.
Problematisch ist hier vor allem der Artenschutz der dort lebenden Fledermäuse und die Nähe zu den Anwohnern der Gemeinde Walhorn. Allerdings wurde diesen Beschwerden in der neuen Karte bereits Rechnung getragen. So müssen mittlerweile 600 statt 450 Meter Abstand zu Wohngebieten eingehalten werden.
Ob sich dadurch Änderungen für den geplanten Windpark ergeben, ist noch unklar. Auf Anfrage des BRF begrüßte die Eupener Schöffin Claudia Niessen den neuen Rahmenplan: Den Bedenken der Bürger müsse Rechnung getragen werden. Nun müsse der Investor entscheiden, ob sich der Windpark weiterhin lohnt. Grundsätzlich möchte sie dem Projekt aber weiterhin eine Chance geben. Auch der Lontzener Schöffe Roger Franssen erhofft sich von der Bevölkerung rege Teilnahme an der Umfrage. Man habe hier die Möglichkeit, Stellung zu beziehen und die Erfahrung in diesem Fall zeige, dass Bedenken der Bevölkerung berücksichtigt werden.
In den anderen Nordgemeinden sieht die Karte keine weiteren, möglichen Stellplätze vor. Dementsprechend wenig Resonanz erwartet man dort auf die Bürgerbefragung. Der Raerener Bürgermeister Hans-Dieter Laschet erklärte, dass die Gemeinde Raeren grundsätzlich positiv gegenüber neuen Anlagen eingestellt sei. Dort hatte man überlegt, sich an einem geplanten Windpark auf deutscher Seite zu beteiligen. Wegen Anschlussproblemen ans belgische Netz fällt dieses Vorhaben jetzt aber erst einmal ins Wasser.
Mögliche Standorte im Süden
Im Süden der DG sieht die Wallonische Region indes einige Gebiete, die für Windenergie infrage kommen. Grundsätzlich ist man auch hier offen für neue Anlagen, solange sie die Umwelt und die Lebensqualität der Bürger respektieren. Trotz dieser Einstellung wird es aber, allem Anschein nach, auch hier in den nächsten Jahren keine neuen Windparks geben. Auf Anfrage erklärte Bürgermeister Christian Krings, dass viele der designierten Gebiete zu klein seien. Einzelne Windräder sind laut Krings nicht rentabel.
Für größere Anlagen gibt es indes ein ganz anderes Problem: Das Verteilernetz in der Eifel ist ausgelastet. Bis neue Kapazitäten geschaffen werden, stehen also alle Vorhaben still. Dazu gehört auch der Windpark, den Amel und Büllingen auf dem Grenzgebiet der Gemeinden bei Honsfeld geplant haben. Nach Informationen des Büllinger Umweltschöffens Herbert Rauw haben beide Gemeinden bereits einen Antrag auf Ausbau der Kapazitäten gestellt, Netzbetreiber Elia hat dazu aber noch keine konkreten Angaben gemacht.
Die Bürgerbefragung zu möglichen Standorten für Windkraftanlagen startet am Montag. Ab dann liegen die Karten und weitere Dokumente in den Gemeindehäusern aus. Bis Ende Oktober können interessierte Bürger dann Anregungen und Beschwerden an die Gemeinde oder direkt an die Wallonische Region richten. Einige Gemeindekollegien wollen Mitte Oktober noch einmal gesondert zu der neuen Karte Stellung beziehen.
Auf der Internetseite der Wallonischen Region, spw.wallonie.be, finden Sie eine Karte, in der die möglichen Standorte für Windkraftanlagen eingezeichnet sind. Auch eine Darstellung pro Gemeinde ist möglich.
Illustrationsbild: BRF