Mehr Kultur in die Stundenpläne zu integrieren ist mit Sicherheit ein hehres Ziel von dem nicht nur die Kulturschaffenden, sondern auch die Schüler profitieren können. Das Ziel der Schule sei es, nicht nur, Wissen zu vermitteln, sondern auch zur Persönlichkeitsentwicklung der Kinder beizutragen, erklärt Minister Oliver Paasch den Hintergrund des Projektes. So sind Kunst- und Musikunterricht Pflichtfächer in allen Schulen bis zum Ende der ersten Sekundarstufe. Danach ersetzt oft Mathematik die Kunst oder Informatikunterricht die Musik. Natürlich gibt es auch weiterhin Fächer wie Literatur, Philosophie oder Kunsthistorik, die ganz offensichtlich mit Kultur zu tun haben, doch der Fakt, dass Musik- und Kunstunterricht ab einem gewissen Alter ersetzbar sind gibt zu denken über die Prioritäten unseres Schulsystems.
So weit, so gut. Vor allem, wenn die Projekte wie in diesem Fall dazu anregen, selbst kreativ zu werden. Die Frage ist nur, wo man dieses Angebot im eh schon prall gefüllten Stundenplan der Schulklassen unterbringen soll. In den letzten beiden Stufen der Sekundarschule hat man Kunst- und Musikunterricht ja auch nicht gestrichen, weil die Persönlichkeit der Schüler dort schon vollständig entwickelt ist.
Unklar ist, wie die Schulen auf das Angebot reagieren werden. Denn sie wissen noch nichts von den neuen Fördergeldern. Entstand die Idee doch im Rahmen der Vorbereitungen zum Kulturdekret und nicht, weil die Schulen danach gefragt haben. Dort gibt es nämlich bereits ein umfangreiches Angebot an Aktivitäten, die Kultur und Schule verbinden. Der Katalog ist also zu großen Teilen eher ein Kompendium von Angeboten bereits etablierter Institutionen als eine wirkliche Neuvorstellung. Die Kooperation zwischen Schulen und der Theatertruppe Agora ist zum Beispiel seit mehreren Jahren bewährt und auch der Fakt, dass das IKOB Führungen für Schüler anbietet, dürfte Lehrpersonen geläufig sein.
20.000 Euro gibt die Regierung für das erste Jahr "Kultur macht Schule" aus. Hinzu kommen die Kosten für Broschüre und Webseite. Die Frage ist, ob das Geld nicht besser genutzt hätte um die bestehenden Kooperationen auszubauen oder gezielt die Klassen zu fördern, die bisher weniger in den Genuss von Kulturanimationen gekommen sind. Der Chancengleichheit zwischen den Klassen, die Ministerin Isabelle Weykmans anführt, würde so Rechnung getragen.
Überhaupt fragt man sich, wie ein solches Projekt Chancengleichheit bringen soll, wenn die Gelder nach dem Prinzip "Wer zuerst kommt malt zuerst" verteilt werden. Die Gefahr besteht, dass die 20.000 Euro größtenteils an diejenigen gehen, die sich eh schon mit derlei Anträgen beschäftigen. Das wäre dann kein Projekt für Chancengleichheit, sondern Marketing für die längst in der DG etablierten Institutionen, die die meisten Ateliers veranstalten.
Nach all diesen Punkten bekommt die Initiative der beiden Minister den schalen Beigeschmack des Wahlkampfs. "Kultur macht Schule" wohl doch eher ein Prestigeprojekt kurz vor der Gemeinschaftswahl 2014.
Eine wirkliche Lösung wäre hier, echte Freiräume in den Stundenplänen zu schaffen, anstatt immer mehr in die ohnehin schon knappe Zeit zu pressen. Der Leistungsdruck ist für viele Jugendliche eh schon zu hoch, nicht nur seitens der Schule. Raum für persönliche Entwicklung ist wichtig, geben wir ihm eine REELLE Chance.