Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit, auch für freiwillige Feuerwehrleute. So hat es der Arbeitsgerichtshof in Brüssel in zweiter Instanz entschieden. Geklagt hatte ein Feuerwehrmann aus Nivelles. Sein Argument: Im Bereitschaftsdienst sei man zu Hause gebunden und habe nicht frei.
Damit bekam er auf der ganzen Linie Recht. Wird das Urteil zur Regel, hätte dies gravierende Auswirkungen auf die Finanzierung der freiwilligen Feuerwehren im Land – auch in Ostbelgien. Denn bislang werden die freiwilligen Feuerwehrleute nur pro Einsatz bezahlt.
Zählt Bereitschaftsdienst, wie es das Brüsseler Gerichtsurteil vorsieht, voll als Arbeitszeit, werde der Dienst der freiwilligen Feuerwehren im Land unbezahlbar. Darin waren sich schon nach Bekanntwerden des Urteils die Kommentatoren einig.
Der Eupener Feuerwehrkommandant Claudy Marchal sieht das im BRF-Interview ähnlich. Bei der freiwilligen Feuerwehr Eupen gilt eine 24-stündige Bereitschaft. "Das Jahr hat 8760 Stunden und in der deutschsprachigen Gemeinschaft gibt es 325 freiwillige Feuerwehrleute", deutet Claudy Marchal eine Rechnung an, die er nicht zu Ende führen möchte. Nicht einmal, wenn er einen reduzierten Bereitschaftstarif als Entlohnung annimmt.
In seiner Eupener Mannschaft sei die Meinung zum bezahlten Bereitschaftsdienst geteilt. Viele sagten, sie seien zur Feuerwehr gekommen, um Menschen in Not zu helfen. Für ihre Bereitschaft wollten sie gar nicht zusätzlich entlohnt werden.
Neben den finanziellen Herausforderungen entständen zudem organisatorische Probleme. Claudy Marchal kann sich Dienstmodelle vorstellen, in denen ein kleinerer Teil der Feuerwehrmannschaft in Bereitschaft steht. Sollte aber ein Großeinsatz mehr Personal erfordern, müssten Kollegen angefordert werden, die gerade nicht in Bereitschaft waren. Das gehe erstens zu Lasten des Brandschutzes und zweitens stellt sich die Frage, wie diese Kollegen zusätzlich entschädigt werden.
Das Brüsseler Urteil kommt für Claudy Marchal zudem völlig überraschend. Erst vor einem Jahr hatte ein Gericht in Lüttich das genaue Gegenteil entschieden, sagte Marchal im BRF-Interview. Auch die zweite Instanz hat vor wenigen Wochen in dem Fall gegen eine Anrechnung als Dienstzeit entschieden. Jetzt herrscht große Rechtsunsicherheit. Daher will Marchal mit den neun Bürgermeistern der Deutschsprachigen Gemeinschaft und auf Ebene des Provinzialverbandes beraten, wie mit der Situation umzugehen ist.
Der Präsident des Feuerwehrverbands, Marc Gilbert erklärte, durch das Urteil werde der Wert der freiwilligen Wehrleute anerkannt. Aber auch er zweifelt an der Finanzierung. In jedem Fall müssten die Feuerwehrdienste völlig neu organisiert werden.
Von dem Urteil nicht betroffen sind die Berufsfeuerwehren. Hier gilt die Bereitschaftszeit schon als Arbeitszeit. Doch Berufsfeuerwehren gibt es nur in den größeren Städten, nicht in Ostbelgien.
Archivbild: BRF Fernsehen