Dass die Geschichte um Eupen und sein Verhältnis zu einem Kulturzentrum eine so schwierige, ja verkrampfte ist, muss Gründe haben, die über finanzielle und technische Aspekte hinausgehen.
Wie ist es anders zu erklären, dass die Hauptstadt des Gebiets deutscher Sprache das Thema nun schon über 40 Jahre vor sich her schiebt?
Es wird damit zu tun haben, dass Eupen über eine ganze Anzahl gewachsener kultureller Strukturen bereits verfügte, als Ende der 60 Jahre der Einheitsstaat zusammenbrach und den Deutschsprachigen ganz unverhofft in einen Status einer anerkannten Kultur-und Sprachgemeinschaft katapultierte, zuvor wäre jeder als Spinner oder schlechter Belgier (wenn nicht schlimmer) bezeichnet worden, der dies propagiert oder vorhergesagt hätte.
Kam es den Eupenern vielleicht zu unverhofft? Traf es sie unvorbereitet , noch geprägt von den Spannungen der Nachkriegszeit? Hatte man vielleicht einfach Angst vor der eigenen Courage?
Und man hatte doch seine Säle. Da war es vielleicht intellektuell bequemer, ebenso wie überall zwischen Kelmis und Ouren, die Segnungen der Autonomie in Form von Sport- und Mehrzweckhallen oder Musikinstrumenten anzunehmen.
Sprachlich-kulturelle Forderungen wurden schärfer südlich des Venns artikuliert, und hatten dort auch eine breitere Basis. Was dann auch erklärt, weshalb einige Jahrzehnte später in St. Vith das Triangel gebaut wurde. Wohl auch, weil man dort erkannt hatte, als Einkaufsstadt über ein richtiges eigenes Hinterland zu verfügen.
Am fehlenden Hinterland allein, bzw. an der Tatsache, selbst Hinterland zu sein, wird es nicht gelegen haben, dass sich in Eupen nichts tat. Wobei das eigentlich nicht stimmt, es tat sich viel, gedacht wurde groß, und hoch waren dann auch die Rechnungen für Pläne und Entwürfe von feinen Münchner Adressen, als die "Exekutive", wie die frischen Minister damals noch hießen, ein gemeinschaftliches Kultur-und Rundfunkzentrum in den Ettersten-Wiesen bauen wollte, dann doch nicht baute und somit vertragsbrüchig wurde, mit den entsprechenden Kosten.
Wie man sieht, die teuren Planungsaufträge der letzten Jahre haben in Eupen Tradition. Doch vielleicht ist es ja gut, dass es kein überdimensioniertes Zentrum gibt, das respektabel zu nutzen sehr zweifelhaft geworden wäre.
So kommt Eupen halt 40 Jahre später, mehr oder weniger zufällig, durch multiple Initiativen und Gedankenanstöße von Kulturschaffenden, befeuert durch diverse Prämien, etwa zur Sanierung alten Industriegeländes und durch europäische Interreg-Gelder zu einem Konzept, dass bei aller Holprigkeit beim Zustandekommen den großen Vorteil hat, sich nicht messen zu müssen mit den großen Häusern.
Mit dem Begriff "Kulturmeile" ruft es zudem bei den Nutzern und Besuchern eine freundliche positive Voreingenommenheit hervor. In einer Zeit, in der "vintage" und "retro" chic sind, gereicht es Eupen zur Ehre, dass die Schauspieler des zurückgekehrten Grenzlandtheaters ins Jünglingshaus ihrer echten Freude Ausdruck gaben, dort in ausgesprochener "Kammerspielatmosphäre" aufzutreten.
Dann ist es auch nicht abwegig, wenn die neue Mehrheit eine Minimalanpassung des alten Kinos mit seiner Ballhausatmosphäre prüft, und der alte Schlachthof langsam aber sicher eine feste Größe wird, abseits der großen Stadthallen. Auch das kann eine "Marke" sein: die freundliche kleine Stadt im Grünen.