Geradlinig, verlässlich, stets um Konsens bemüht, war Ferdel Schröder jemand, der sich weniger als Politiker, sondern eher als Sohn Ostbelgiens, der etwas für seine Heimat tun wollte, verstand. Politische Schauspielerei war nicht die Sache des ewig jugendhaft wirkenden Politikers, der aus St. Vith stammte, wo seine Eltern ein Schuhgeschäft betrieben. Ob er sich deshalb die alte Schuhmacherweisheit "Schuster bleib bei deinen Leisten" zu eigen gemacht hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Jedenfalls war der politische Laufsteg nicht seine Welt. Wenn schon Bühne, dann die eines Saales, wo er in den 60er Jahren gemeinsam mit dem ehemaligen BRF-Musikchef Walter Eicher mit der Rockband "Gemini", später mit Coverband "Lovers" und zuletzt im Zuge der Wiederentdeckung heimatlicher Dialekte gemeinsam mit Jupp Hammerschmidt, Raymond Neven, Robert Oberecken und Waldemar Gillessen als Gitarrist der D'Löressen ein Saalpublikum zu begeistern verstand. Erst als ihm der Regionalvorsitz der PFF und die Parlamentsarbeit 1999 zu viel Zeit raubten, musste sich Ferdel Schröder als D'Löres verabschieden.
Geboren wurde Schröder 1947 direkt nach dem Krieg fern seiner St. Vither Heimat in Solingen, wohin seine Familie in den Wirren der Ardennen-Offensive evakuiert worden war. Der klassisch gebildete Absolvent der Bischöflichen Schule erwarb sich an der Katholischen Universität Löwen Lizenzen in pädagogischen Wissenschaften und Psychologie, sammelte Erfahrungen in seinem Bereich an einem renommierten Institut in Düsseldorf und wirkte als Psychologe am PMS-Zentrum in Verviers, ehe er von 1971 an drei Jahrzehnte als Direktor an der Spitze des PMS-Zentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Eupen stand.
Eupen sollte für den Eifeler nicht zuletzt durch seine Heirat und seine berufliche Tätigkeit sein neues Zuhause werden. Auch hier engagierte sich Ferdel Schröder zwölf Jahre im Stadtrat und von 1994 bis 2000 als Schul- und Tourismusschöffe. Als jemand, der in seiner Kindheit im von Bomben zerstörten St. Vith aufwuchs, wusste Ferdel Schröder in Eupen nicht zuletzt die reiche architektonische Hinterlassenschaft vom Rokoko bis zur Gegenwart zu schätzen.
Überglücklich äußerte er sich nach der Renovierung des in einem gründerzeitlichen Haus in der Gosperstraße untergebrachten PMS-Zentrums. Nicht weniger freute er sich darüber, dass das Gebäude des Sanatoriums nach einem längeren Tauziehen als künftiger Sitz des Parlamentes für kommende Generationen erhalten bleiben kann. Aufmerksamen Beobachtern entgeht dabei nicht, dass, so lange die Gesundheit es ihm zuließ, er sich stets ein Bild vom Fortschreiten der Arbeiten machte und diese mit einer Kleinbildkamera festhielt.
Die Identität der Region und ihr kulturelles Erbe waren Ferdel Schröder ein Herzensanliegen. Wie der Auszug aus einem Interview belegt, das der BRF anlässlich des Festtages der Deutschsprachigen Gemeinschaft im letzten November mit Ferdel Schröder führte: "Eine Generation wie meine kann sich natürlich noch sehr gut daran erinnern, dass wir in diesem Land nicht so recht wussten, wer sind wir denn, wo gehören wir hin. Unsere Vorfahren haben die Kriege gekannt, die Grenzen, die immer wieder gewechselt haben."
"Im Laufe der letzten Jahrzehnte stellt man doch fest, dass die Menschen sich zugehörig fühlen zu einem Land, in dem ihre Sprache und ihre Kultur akzeptiert sind." Er äußerte den Wunsch, "dass wir erreichen, in unserem Land so angesehen zu werden, dass diese kleine Bevölkerung mit ihrer Kultur, Sprache und sozialen Identität auch einen Wert für Belgien beinhaltet. Wir werden aber auch im Rahmen der kommenden Jubiläen versuchen, genau das zu realisieren."
Es gehört zur Tragik seiner politischen Laufbahn, dass Ferdel Schröder inmitten seiner Amtszeit aus dem Leben gerissen wurde und weder die eben erwähnten Jubiläen noch den ersehnten Umzug des Parlamentes persönlich begleiten kann. Ein schwerer Schicksalsschlag ereilte ihn auch 2007, als er seine Frau früh verlor. Zuletzt führte er einen ständigen Kampf gegen seine Krankheit. Die Zeit, die ihm blieb, widmete der Familienmensch Ferdel Schröder seinen Freunden und politischen Weggefährten, die ihn besuchten, vor allem aber seinen Kindern und Enkelkindern.
Ein überaus zutreffender, bemerkenswerter Nachruf!
R.I.P.