So wie der Lütticher Expo-Beauftragte Jean-Christophe Peterkenne sich in der Morgensendung von Vivacité vor der Abstimmung äußerte, klang das wie Pfeifen im Walde: Dass die Bewerbung schon jetzt ein Erfolg sei, auch wenn sie abgelehnt werden sollte. Doch realistische Erfolgschancen hatte die Bewerbung in der Endphase nicht.
Als ob eine alte Industriestadt in Old-Europe es gegen den Glauben an die Globalisierung aufnehmen könnte: Hochhäuser in der Steppe Kasachstans, Gas- und Erdöl, eine strategische Position in Eurasien - da kommt die Euregio nicht mit. Es erinnert fatal an die Bewerbung Belgiens und der Niederlande für die Fußball-Weltmeisterschaft: sehr nett, aber gegen Putins Russland keine Chance.
Was haben sie sich wohl dabei gedacht in Lüttich? Weil es nun dort einen Bahnhof gibt - der übrigens besser zu Astana in Kasachstan passen würde oder in einen der Golfstaaten wie Dubai - sei man jetzt reif für eine Weltausstellung? Auch wenn es nur die kleine Variante ist?
Aber so abwegig war es nicht. Diese Stadt strebt eine Renaissance an, und merkt dabei nicht, dass sie Gefahr läuft, ihre Seele aufzugeben: Sie will sich Maastricht angleichen, so als ob man eine Urbanität wechseln könne gegen eine andere. Aber sie hat unter Bürgermeister Demeyer diesen Weg eingeschlagen, und da hätte die Expo dann auch wunderbar hinein gepasst. Wie ernst es Demeyer und dem Komitee war, zeigt sich auch an dem vielen Geld, das in die Kandidatur gepumpt worden ist.
Doch gewonnen haben die Lütticher schon, erhalten sie doch jetzt die geplante Straßenbahn und auch die Rekonversion des Coronmeuse-Areals über eine PPP-Finanzierung. Ob sie sich rechnen wird, muss sich noch herausstellen.
Das ist kein größeres Risiko als die Ausrichtung einer Expo: Im Internet-Zeitalter ist die Schlagkraft einer solchen ohnehin fragwürdig. Im 19. und 20. Jahrhundert gab es noch Überraschungseffekte, aber im 21. Jahrhundert? Man komme jetzt nicht mit Vergleichen wie den Olympischen Spielen oder Fußball-WM oder -EM: Diese sind durch kein Internet zu ersetzen. Und sind auch imagebildend. Wie die Fußball-WM in Deutschland, die ein fröhliches Land verkörperte. Oder die Olympischen Spiele in London, die eine angelsächsisch effiziente Sicht auf neue gesellschaftliche Gegebenheiten verkörperte. Oder aber wie die Spiele in Athen, die das spätere Desaster in noch schärferem Licht erscheinen lassen.
So ist es vielleicht nicht das Schlechteste, dass Lüttich durch die Kandidatur die Tram bekommt und einen Modernitätsschub am Albertkanal. Ohne das Risiko einer Expo ohne Erfolgsgarantie.