Auch die Deutschsprachige Gemeinschaft überlegt, welche Bildungskonzepte Kindern und Jugendlichen die besten Perspektiven schaffen.
Unter dem Titel "Sekundarschule - quo vadis?" erhielten Interessierte am Mittwochnachmittag Einblicke in Schulkonzepte aus Finnland, Bayern und der Französischen Gemeinschaft: von Anna-Maija Mertens Leiterin des Finnland-Instituts in Deutschland, von Unterrichtsminister Oliver Paasch und von Helmut Krück vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus in Bayern.
Die meisten europäischen Bildungssysteme stehen vor zwei Problemen. Auf der einen Seite stehen die Schüler, die durch das Netz fallen und ohne Abschluss dastehen. Auf der anderen Seite braucht es gerade bei schrumpfender Bevölkerung jeden Einzelnen, der seinen produktiven Beitrag zur Gesellschaft leistet. Auch aus sozialen Gründen heißt es, niemanden zurück zu lassen. Hier setzen die neuen Konzepte an: Die Schule soll nicht mehr in Schulklassen denken, sondern gezielter auf den einzelnen Schüler schauen.
Die Pisa-Studien belegen es immer wieder: Finnland liegt in Sachen Bildung in Europa ganz weit vorne. Modulares Unterrichtssystem nennt sich das finnische Erfolgsmodell. Ein ganzes Jahr wiederholen gibt es nicht. Wer beispielsweise wegen Mathe doppeln müsste, würde bis auf das Fach Mathe ins nächste Jahr versetzt. Der Schüler säße also je nach Fach in unterschiedlichen Jahrgangsstufen. So hätte er die Chance, in seinem Problemfach nachzuarbeiten.
Und wenn der Schüler seine Matheschwäche bis zum Abitur nicht ausgleichen konnte? Dann soll er zumindest ein Zeugnis für die Fächer erhalten, die er bestanden hat. Aus einem totalen Schulversagen wird nur ein Teilversagen. Ein Ansatz, den die Französische Gemeinschaft mit der Certification par Unités schon betreibt. Am Ende gibt es neben dem vollwertigen Abschluss einen Teilabschluss, der gegebenenfalls später im Erwachsenenleben vervollständigt werden kann. Der aber auch über Gemeinschaftsgrenzen anerkannt werden muss.
Was hierzulande noch revolutionär klingt, ist selbst im konservativen Bayern schon Realität und zwar jenseits vom sonst so stark verteidigten dreigliedrigen Schulsystem.
Auf die Lehrer und Schulen wird es auch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ankommen. Unterrichtsminister Paasch verspricht, keine Strukturreformen durchzuführen, die die Schulen nicht mittragen. Daher sucht die Regierung neben Inspiration aus dem Ausland in den nächsten Monaten auch den Kontakt mit den Bildungseinrichtungen, bevor irgendeine Bildungsreform Gesetz wird.