Dieses rätselhafte Phänomen will Margareta Siepen, die jahrelang an der Auswertung des Gräberfelds Krefeld-Gellep gearbeitet hat, nun mit hochtechnischen Untersuchungen aufklären.
Das römisch-fränkische Gräberfeld mit rund 6500 Grabstätten in der Nähe des Römerkastells Gelduba gilt als das größte erforschte Gräberareal nördlich der Alpen. Und doch birgt es immer noch Geheimnisse.
An sechs unterschiedlichen Stellen seien die Kopfgräber gefunden worden, sagte Siepen am Montag der dpa. Die Gruben seien teilweise nicht größer als 40 mal 90 Zentimeter.
Skelette seien wegen des sandigen Bodens nicht mehr erhalten. Auch Grabbeigaben wurden nicht gefunden - nur Gebisse. Diese Zahnfunde habe sie an einem pathologischen Institut in Amsterdam untersuchen lassen. Das überraschende Ergebnis: Es handelte sich um die Zähne von jungen Männern zwischen 17 und 25 Jahren.
Parallelen zu dieser Form der spätantiken Bestattung hat Siepen bisher nicht gefunden. Sie schließt aus, dass es sich um geköpfte Straftäter handelte - diese wurden nicht auf Friedhöfen beigesetzt. Auch Hinweise auf einen Kopfkult wie bei den Kelten gebe es nicht. «Meine These ist, dass die Menschen nicht vor Ort gestorben sind», sagte Siepen.
Vielleicht seien es junge Soldaten gewesen, die woanders umgekommen seien. Die Leichen seien vielleicht so stark verschnürt worden, dass sie in kleine Kisten passten, oder es sei nur der Kopf für die Bestattung mitgenommen worden. «Das ist aber absolute Spekulation», sagt Siepen. Die Archäologin erhofft sich mehr Aufschluss von Isotopen-Untersuchungen am Zahnschmelz der Gebisse. Damit könne man feststellen, wo die Menschen aufgewachsen seien.
Anhaltspunkte könnte der Fall des römischen Feldherrn Varus (um 46 v. Chr. - 9 n. Chr.) bringen: Nach Varus' vernichtender Niederlage in Germanien und seinem Freitod wurde sein Kopf über Umwege nach Rom gebracht und dort im Familiengrab bestattet. Kaiser und Offiziere, die in einer Schlacht fielen, wurden sonst vor Ort verbrannt und ihre Asche in Urnen nach Rom transportiert. Einfache Soldaten wurden in Kollektivgräbern beerdigt.
dpa - Bild: Hartmann Linge